Willkommen in Uganda

Heute ist schon mein zweiter Tag in Jinja und ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll zu erzählen.

Lena hat mich am Samstag früh gemeinsam mit Grace vom Flughafen abgeholt. Wir sind ca. Drei Stunden von Entebbe nach Jinja gefahren. Eigentlich wollte ich wach bleiben und mir die Umgebung angucken doch die Müdigkeit hat doch recht schnell gesiegt und so bin ich erst kurz vor Jinja wieder aufgewacht. Wir haben Lena bei ihrer WG raus gelassen und dann mich bei meinem neuen Zuhause. Robin und ich leben zusammen in einem Haus ganz in der Nähe von EWAKA. Es ist wirklich schön hier. Es ist unglaublich entspannend hier auf der Terrasse zu sitzen einfach der Natur zu lauschen. Ab und zu kommen ein paar Kinder vorbei und machen sich einen Spaß daraus „Hello“ zu rufen und dann gleich wieder weg zu laufen.

Was soll ich sagen? Ich bin keine 24 Stunden hier und fühle mich richtig angekommen und zuhause.

Mittags hat Lena mich mit einem Bodaboda abgeholt um in die Stadt zu fahren. Bodabodas sind hier die Taxis. Wir haben uns also zu zweit hinten auf das Motorrad drauf gesetzt und sind in die Stadt gefahren. Auf dem Weg hat man immer wieder „Hello Mzungu“ gehört. „Mzungu“ ist ein Wort für die weißen und bedeutet soviel wie „Der weiße, der Reist“.  Auf dem Weg haben wir noch Hannes abgeholt.

In der Stadt angekommen haben mir die beiden erstmal alles wichtige gezeigt. Wo ich Geld holen kann, wo ich meine neue SIM Karte wieder aufladen kann, wo ich gut Obst und Gemüse einkaufen kann und wo man gut essen kann.

Der Obst und Gemüse Markt ist wirklich riesig. Auf dem untersten Stockwerk gibt es Obst, Gemüse und Haushaltsgeräte. Auf dem Stockwerk darüber gibt es Kleidung und Stoffe. Da muss ich das nächste mal auch unbedingt gucken gehen. Zum Schluss waren wir noch essen. Ich habe schon viel davon gehört und war wirklich neugierig – Rolex. Bestimmt denkt ihr jetzt als erstes an die Uhr. Doch es ist wirklich etwas zu essen und dazu noch unglaublich lecker. Es ist Teig, in dem ein Spiegelei rein kommt, Salat, Fleisch, Tomate, Avocado und Zwiebeln. Das ganze wird zusammengerollt und dann gegessen. Ich glaube, dass wird mein neues Lieblingsessen.

Danach sind wir endlich zu EWAKA. Ich war ganz schön aufgeregt. So viele Bilder und Videos habe ich schon gesehen und jetzt ging es endlich hin. Von meinem Zuhause kann man gut zu Fuß laufen. Auf dem Weg wohnen viele Familien, von denen die Kinder nach der Schule auch oft bei EWAKA sind. Lena und Hannes wurden immer wieder gerufen und herzlich Begrüßt. Und auch ich habe immer wieder Umarmungen bekommen. Bei EWAKA angekommen, haben mich die anderen bei den Kindern Vorgestellt. Jasmina ist doch ein ziemlich schwerer Name und so wurde ich schnell zu Mina umgetauft. Das kenne ich ja schon aus Deutschland. Ich wurde ganz schnell von den Kindern aufgenommen. Ziemlich schnell habe ich mich auf dem Boden wiedergefunden mit den jüngsten um mich rum. Josie und Isiah haben Gefallen daran gefunden mir über die Haare zu streicheln und meine Tattoos zu berühren. Dabei haben sie sich immer wieder gewundert, dass die Farbe nicht abgeht.

Die Kinder haben stolz ihre Zimmer gezeigt und ziemlich schnell bin ich im „Movie Room“ gelandet, wo ich die ersten Bücher vorlesen durfte.

Zum Schluss gab es noch Abendbrot und dann sind wir wieder nach Hause.

 

Es war so ein ereignisreicher Tag mit so vielen neuen Eindrücken. Ich bin gespannt, was noch alles auf mich zukommt. 


Die ersten Tage

Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll…wie ich die letzten Tage in Worte fassen soll. Heute bin ich gerade mal den dritten Tag hier und doch ist es so, als wäre ich schon immer hier. Als würde ich einfach hierher gehören.

Gestern haben Mia und Paula mich zuhause abgeholt und wir sind gemeinsam zu EWAKA gelaufen. Die beiden sind gerade zu Besuch und wohnen eigentlich in Kampala. Die Kinder haben sich so sehr gefreut, dass die beiden dabei waren, da sie immer einen neuen Tanz mitbringen. Ich glaube, wir haben zwei Stunden getanzt. Danach waren wir ganz schön kaputt und sind auf das Baumhaus gegangen. Der Ausblick ist wirklich unglaublich. Eingekuschelt zwischen zwei Kindern saß ich da, habe in die weite geschaut und konnte gar nicht glauben, was ich doch für ein unglaubliches Glück habe. Da ist mir ein Lied in den Sinn gekommen, dass die Freiwilligen vor zwei Jahren für ein Video verwendet haben. „Ich bleib hier“ aus dem Film Bibi und Tina. Ich habe angefangen das Lied zu summen und sofort haben die Kinder gerufen „Oh Bibi and Tina. Do you have the music?“ Ich hätte gar nicht damit gerechnet, dass sie das Lied noch kennen. Ich habe mein Handy rausgeholt und das Lied angemacht. Dieser Moment war so einzigartig perfekt. Wir saßen alle auf dem Baumhaus, haben der Sonne beim Untergehen zugeguckt und haben gemeinsam das Lied mitgesungen. Ja…wirklich alle! Die Kinder konnten die Lieder komplett auswendig auf Deutsch mitsingen. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie erstaunt wir waren!

Wir sind dann zu mir gelaufen und haben uns von da Bodabodas bestellt, um zu den anderen zu fahren und dort gemeinsam noch etwas zu essen. Auf dem Weg war mein nächstes hilight. Die Felder waren voll mit Glühwürmchen. Es war fast schon magisch. Überall hat es geblinkt und geleuchtet. Sowas unglaubliches habe ich noch nie zuvor gesehen!

Heute war dann mein erster richtiger Arbeitstag bei EWAKA. Ich bin um 10 Uhr hingelaufen und habe Josie angetroffen, die gerade im Flur saß. Gemeinsam haben wir auf Isiah gewartet, der gerade aufgestanden ist. Dann sind wir zum frühstücken gegangen und danach haben wir ein bisschen zusammen gespielt. Ich habe von meinem Patenkind aus Deutschland das Spiel „Tempo kleine Schnecke“ mitgenommen und habe mir gedacht, dass ich das gut mit Josie spielen kann. Die Muttersprache ist Luganda und in der Schule lernen die Kinder englisch. Josie, Isiah und ich müssen uns noch ein bisschen reinfuchsen, wie wir gut miteinander Kommunizieren können. Momentan geht es noch viel über Blicke und zeigen. Was ziemlich gut funktioniert. Josie und ich haben etwas Farben gelernt. Wir mussten so viel dabei lachen. Isiah hat das Spiel etwas umfunktioniert und hat sich reingesetzt und ist damit über den Boden gefahren. Wofür Spiele doch alles gut sind.

Heute Abend war ich mit den anderen noch im “Camp“ essen, mit einem perfekten Ausblick auf den Nil. Ich glaube, dass wird mein neuer Lieblingsplatz.

 

 


Neue Entwicklungen und Eindrücke

Die Ereignisse und Ideen haben sich in den letzten Tagen so überschlagen, dass ich euch einmal auf den neuesten Stand bringen möchte.

Doch erstmal von vorne..

Am Dienstag wollten wir eigentlich mit den Kindern ins Black Lantern zum schwimmen gehen. Das ist eine Ferienunterkunft mit der wir die Abmachung haben, dass wir den Pool zum üben nutzen dürfen. Sollten jedoch gerade Gäste da sein, klappt es nicht. Und so war es am Dienstag der Fall. Also sind wir spontan zum Nil gegangen. Darüber habe ich mich sogar noch mehr gefreut. Denn ich habe schon so viele Bilder und Videos vom schwimmen da gesehen und wollte da auch unbedingt mal hin. Die Kinder haben also ihre Sachen zusammen gesucht und es ging los. Wir wurden ein ganzes Stück von zwei Mamas begleitet, die ihre Wäsche im Nil waschen wollten. Auch dieser Weg war mal wieder unglaublich schön. Hier ist alles so unglaublich grün und man hört die Natur. Hier fällt mir erstmal auf, wie wenig wir die Natur in Göttingen hören. Das schwimmen war so toll. Ich weiß gar nicht was ich am besten fand…das die Kinder so viel Spaß hatten oder das ich endlich im Nil schwimmen konnte.

In den letzten Tagen hatte ich immer wieder schöne Begegnungen auf dem Weg nach Hause. Abgesehen davon, dass ich langsam die Leute kenne und die Kinder immer wieder rufen und sich freuen, sprechen mich auch die älteren an. In einem Haus, ganz in der Nähe von uns, wohnen zwei sehr alte Frauen. Wir hatten uns bis dahin immer nur angelächelt doch dieses mal haben wir uns begrüßt und kurz gesprochen. Eine der beiden ist aufgestanden, kam zu mir und hat mich lange in den Arm genommen. Lange habe ich nicht mehr so viel Herzlichkeit empfangen wie in diesem Moment. Und auch heute wurde ich von einer ziemlich alten Frau in den Arm genommen und immer wieder gedrückt.

Dann gab es heute Morgen eine ziemlich witzige Situation beim Frühstücken. Josie und ich saßen in der Sonne und zwei Mamas haben das Mittagessen vorbereitet. Plötzlich sind beide aufgesprungen und haben geschrien. Ich habe gar nichts verstanden und musste erstmal nachfragen, was los ist. „a Snake!!“ Ich konnte das gar nicht glauben…irgendwie habe ich gar nicht damit gerechnet, dass es hier Schlangen gibt. (Wenn ich so drüber nachdenke war meine Denkweise eigentlich ziemlich leichtsinnig) Ich musste nochmal nachfragen, ob da wirklich eine Schlange war und ob sie auch giftig war. Grace hat mich ganz komisch angeguckt. Nach einer Weile habe ich die Frage bekommen, ob wir in Deutschland keine Schlangen hätten. Ihr hättet den Blick sehen müssen, als ich verneint habe. Das konnten die beiden wiederrum nicht glauben und so haben wir ziemlich lange zusammen gelacht.

Für mein Projekt gibt es auch neue Entwicklungen und Ideen. Da es noch etwas dauert, bin das Haus für die Kinder mit Behinderung gebaut wird, gibt es eine neue Idee. Für drei Tagen der Woche werde ich mir ein paar Kinder aus der Nachbarschaft holen und eine Krabbelgruppe eröffnen. Starten werde ich mit insgesamt vier Kindern, Josie und Isiah und den zwei Kindern von Sarah, die direkt nebenan wohnt. Alex, ihr Mann, arbeitet bei EWAKA als Hausmeister. Er kümmert sich um die Tiere und hält alles in Schuss. Ich finde die Idee unglaublich gut und habe schon so viele Ideen. Gern möchte ich den Movie Room etwas umgestalten. Neue Farbe an die Wände, neues Spielzeug, einen Wickeltisch, neue Kleidung. Und noch soooo vieles mehr. Nach und nach soll das ganze etwas größer werden. Denn so kann ich die Mamas unterstützen und die Kinder fördern. Normalerweise nehmen die Mamas ihre Kinder mit auf das Feld, zum Waschen, etc. So kann ich beide Seiten unterstützen. Gemeinsam mit Lucas (Lucas war letztes Jahr als Freiwilliger in Jinja und gehört jetzt zu dem Vorstand von EWAKA) werde ich ein Konzept entwickeln, damit das Projekt durch die nächsten Freiwilligen weitergeführt werden kann. Ich bin total motiviert und freue mich auf diese neue Herausforderung und das ich so vieles mit aufbauen kann und darf.

 

Nach wie vor ist hier noch vieles neu und die ganzen Eindrücke prasseln auf mich ein. Ich wusste, worauf ich mich einlasse und war auf alles gefasst und vorbereitet. Dennoch ist es für mich mit meinem Europäischen Blick komisch zu sehen, wie nah Armut und Reichtum beieinander liegen. Armut und Reichtum aus unserer Sicht. Die Menschen um mein wirklich gut ausgestatteten Haus leben in Lehmhäusern. Hier benutzt man für uns alte Fahrräder. Es wird so unglaublich viel schweres den ganzen Tag transportiert, oft auf dem Kopf. Die Kinder werden auf den Rücken gebunden. Die ersten Tage habe ich viel darüber nachgedacht, was ich hier sehe und erlebe. Und ich musste mich daran erinnern, zu hinterfragen und nicht voreilige Schlüsse zu ziehen. So leben die Menschen hier in Lehmhäusern, weil es die Sonne draußen hält und sich das alles nicht so aufheizt. Die Kinder werden auf den Rücken gebunden, damit die Mamas die Hände frei haben…zum Arbeiten oder zum Kochen. Und so habe ich für alles eine Erklärung gefunden und ich finde es bemerkenswert, was die Menschen in meiner Umgebung jeden Tag leisten. Mit einem lächeln auf den Lippen, mit einem freundlichen Wort für mich und ohne sich über das Leben zu beschweren. Davon können wir uns alle eine Scheibe abschneiden.  


Zwei Wochen Day Care

 

Nun sind schon zwei Wochen Day Care bei EWAKA vorbei und ich bin total begeistert und unendlich Dankbar, dass Lucas und Eva mir die Aufgabe übertragen haben, den Day Care aufzubauen. Gestartet bin ich mit insgesamt drei Kindern. Josie und Isiah von EWAKA und Esther von Nebenan. Die ersten zwei Wochen haben wir ganz langsam angefangen. Sowohl Isiah, Josie und ich mussten uns noch finden als auch Esther und ich mussten uns kennen lernen.

Unser Tag startet um 9 Uhr mit einem leckeren Frühstück – Chapati und Porridge (wobei das Porridge hier etwas anders ist als das, was wir in Deutschland kennen. Hier ist das Porridge sehr flüssig, süß und wird getrunken). Danach spielen wir ganz viel auf dem Spielplatz. Schaukeln, Rutschen, Sandburgen bauen oder auf dem Karussell fahren. Sobald es zu warm wird und wir es in der Sonne nicht mehr gut aushalten können, gehen wir in den Schatten und lesen Bücher, hören Musik, Tanzen, Malen oder machen einen Mittagsschlaf. Oft beobachten wir auch einfach die Tiere, die bei uns auf dem EWAKA Gelände Leben (Hühner, Ziegen, eine Kuh) ab und zu haben wir auch mal Besuch von Tauben, riesigen Schnecken, Raupen oder auch ab und zu mal Schlangen. Hier ist immer was los. Sobald die anderen aus der Schule nach Hause kommen, gibt es Mittagessen – Posho mit Beans. Da ich keine Bohnen mag, geb ich diese immer gern an die Kinder ab.  Es ist ein regelrechtes „Dealen“ mit Blicken und immer lautlos. Danach endet der Day Care und ich bringe Esther zurück nach Hause. Ich habe in den zwei Wochen immer wieder gemerkt wie gut es ist, dass ich schon so viel Berufserfahrung habe. So konnte ich auf alle drei Kinder individuell eingehen und ich würde sagen, alle sind gut bei mir angekommen. Da die Muttersprache Luganda ist, sprechen die drei noch kein Englisch. Letzte Woche war es dadurch relativ schwer, sich zu verständigen. Denn auch durch zeigen und Blicke sind ab und zu Missverständnisse aufgetreten. Doch diese Woche war es schon um einiges besser und wir haben einen für uns wirklich guten Weg gefunden. Sobald ich morgens durch das Tor komme, schallen mir gleich rufe entgegen „Mina! Hello Mina!“. (Ich werde hier von allen – sowohl Kinder als auch Erwachsenen- Mina genannt, da Jasmina nicht so einfach ist). Die letzten Tage hatten wir auch immer wieder Besuch von den älteren Kindern, da sie schon fertig mit ihren Prüfungen in der Schule sind und dadurch schon Schulfrei haben.

EWAKA ist lugandisch und bedeutet Familie. Ich muss sagen, dass ist genau das, was ich hier sehe und auch spüre. Wir sind eine große Familie. Ja, wir. Denn ich bin auch schon ein Teil dieser Familie und bin wirklich froh darüber. Jeder hat jeden im Blick. Jeder kümmert sich um jeden. Sobald die älteren sehen, dass die jüngeren Hilfe benötigen, sind sie sofort zur stellen. Helfen beim Wasser eingießen, beim Klettern, beim Anziehen und übersetzen oft für uns. Ich bin so beeindruckt von dem, was ich hier erlebe. So hätte ich mir das nie zu Träumen gedacht. Am Mittwoch kam einer der älteren Jungs aus der Schule nach Hause. Brian ist auch fertig mit seinen Prüfungen und da seine Schule etwas weiter weg ist, hat er da für die Schulzeit übernachtet. Ihr hättet sehen müssen, wie die jüngeren reagiert haben, als sie aus der Schule nach Hause gekommen sind und Brian gesehen haben. Sie sind losgerannt, haben gerufen und gelacht und sind Brian so in die Arme gesprungen, dass er fast nach hinten umgefallen wäre. „Ich bin so froh endlich wieder zu Hause und bei meiner Familie zu sein“, hat Brian später zu mir gesagt. Als ich all das gesehen und grhört habe, ist mir das Herz aufgegangen und ich habe noch einmal mehr gesehen, was für eine große Familie wir hier haben.

Ansonsten bin ich oft mit Lena und Hannes unterwegs. Wir gehen zusammen auf den Markt, in die Stadt, essen Rolex oder sitzen einfach am Nil und bestaunen den Sonnenuntergang. Letztens stand ich fast 15 Minuten mit Lena am Glühwürmchen Feld. Wir können immer noch nicht glauben, wie viele Glühwürmchen es hier gibt. Wie magisch dieser Ort ist. Leider haben wir es noch nicht hinbekommen, Fotos zu machen. Vielleicht wird es auch einfach ein Ort sein, der immer im Herzen ist. Hannes durfte ich die Haare schneiden. Das war ein ziemlich witziger Abend..ein Glück ist Hannes mit seiner neuer Frisur zufrieden. Mit Robin (mein Mitbewohner) sitze ich Abends oft zusammen und wir essen und gucken einen Film.

Jinja am Tag und Jinja bei Nacht ist wirklich ein großer Unterschied. Sobald es anfängt zu dämmern, stehen die Buden am Straßenrand und du kannst alles Mögliche kaufen. Chapati, Rolex, Teigtaschen und unglaublich viel Obst. Die meisten Stände haben Kerzen zwischen den Waren stehen. Und auch das hat für mich eine ganz unglaubliche Stimmung. Ich kann es nicht in Worte fassen. Rechts und links sind so viele Gespräche, Musik, lachende Menschen und dazu der Kerzenschein. Einfach toll.

Die letzten zwei Wochenenden waren wir in Kampala die anderen Freiwilligen besuchen. Kampala ist die Hauptstadt von Uganda. Ich glaube man kann es ganz gut so beschreiben: Kampala ist eine Großstadt und Jinja ist eher Ländlich. Was soll ich sagen? Ich liebe mein Ländliches Jinja. Die Natur, die ich einfach immer um mich herum habe und auch höre. Die Menschen, die hier Leben und die ich mittlerweile kenne und einfach meine Familie hier. Kampala ist wirklich groß, voll, laut und schnell – so, wie eine Großstadt eben ist. Das Bodaboda fahren ist ein ganz anderes. Der Fahrer sucht sich seinen Weg zwischen den Autos und ist Stau, stehen alle Bodas an vorderster Front und warten darauf, dass es weiter geht. Das hat irgendwie was von einem rennen. Lena und ich konnten uns das grinsen während den ganzen Fahrten einfach nicht verkneifen. Wir sind bei den anderen zu ein paar Projekten mitgegangen. Zum einen Kawempe, hier sind viele krebskranke Kinder und ihre Geschwister. Ich muss sagen, dieser Besuch war wirklich nicht einfach für mich. Ich war schon vorher mit Menschen in Kontakt, die Krebs haben. Auch enge Familienmitglieder. Und doch ist das nochmal etwas anderes gewesen. Bei Kindern. Und noch einmal mehr ist mir bewusst geworden, wie gut wir es haben. Wie gut es uns geht und wie glücklich wir uns mit dem schätzen sollten, was wir haben. Auch zu einem Tanzauftritt von Mia waren wir. Afrikanische Trommeln, Sänger und unglaublich gute Tänzer. Alles in allem waren es zwei wirklich schöne Wochenenden in Kampala und doch war ich froh, wieder zu Hause zu sein. Vor allem war ich froh, dass die Matatu Fahrten vorbei waren. Matatus sind wie große Sammeltaxis. Wobei es auch mal etwas Kuscheliger werden kann.

Ach übrigens habe ich herausgefunden, warum hier so viele Barfuß laufen. Weil es super ätzend ist, mit den Schuhen irgendwohin zu laufen, wenn es vorher geregnet hat. Die Schuhe werden mit jedem Schritt schwerer und schwerer und irgendwann sieht man die Schuhe vor lauter Matsch nicht mehr. Da ist es einfacher, sie einfach weg zu lassen.

Auch an meine Oma muss ich hier ziemlich oft denken. Sie ist zu einer Zeit groß geworden, in der man Wasser zum Waschen aus dem Brunnen holen musste, um mit einem Stück Seife und einem Waschbrett zu waschen. Allzu oft haben wir sie mit dieser Geschichte aufgezogen und die Augen verdreht, wenn sie wieder damit angefangen hat. Heute könnte ich sagen das ich weiß, wovon sie redet. Wasser holen (immerhin aus dem Wasserhahn) und mit Seife die Wäsche waschen. Am Wochenende brauchten wir zu dritt 2,5 Stunden. Eine Waschmaschine anstellen und alles in den Trockner hauen..10 Minuten. Was für ein Unterschied. Und doch möchte ich diese Erfahrung wirklich nicht missen. Ich bin immer wieder erstaunt, was die Leute früher und auch heute alles leisten. 

 


Weniger brauchen ist schöner, als viel zu haben

In den letzten Tagen habe ich immer wieder darüber nachgedacht, ob ich hierüber wirklich einen Blogeintrag verfassen soll oder nicht. Denn es geht um mich, mein Leben und meine Gefühle. Doch ich denke, ich kann all das mit euch teilen. Denn es verändert mich und meine Sichtweisen.

Hier Lebe ich ein anderes Leben. Eines, wo meine Tür immer offen steht. Menschen vorbei kommen, stehen bleiben und wir ein bisschen reden. Wo wir bis spät in die Nacht zusammen sitzen. Eines, wo ich einfach spontan bin und ich nicht morgens schon den ganzen Tag durchgeplant habe. Eines, wo ich auf dem Weg immer ein lächeln, ein liebes Wort und eine Umarmung bekomme. Eines, bei dem ich auf dem Weg nach Hause einfach 10 Minuten stehen bleibe und die Natur beobachte und lausche. Eines, bei dem ich mir Zeit nehme. Eines, bei dem ich einfach runter komme und zu mir selbst finden kann. Eines, bei dem ich mich unglaublich frei fühle. Eines, wo ich nicht vor meinem Kleiderschrank stehe und überlege, was ich anziehen soll, weil ich viel zu viel Auswahl habe. Eines, bei dem ich eine unglaubliche Familie dazugewonnen habe. Eines, bei dem ich eine neue Sprache und eine neue Kultur kennen lerne. Eines, dass mir einfach nur gut tut.

Ihr müsst wissen, meine Tage waren immer sehr strukturiert und durchgeplant. Natürlich war ich spontan, habe mich nach der Arbeit kurzfristig mit meiner besten Freundin auf einen Kaffee hingesetzt. Doch im großen und ganzen wusste ich immer, wie mein Tag aussieht. Wann es Abendbrot gibt, was es zu essen gibt. Wen ich noch sehe. Was ich noch zu erledigen habe. Ich mochte das so sehr. Dieses strukturierte. Momentan Lebe ich ein ganz anderes Leben. Wenn ich morgens aufstehe weiß ich nie, was der Tag bringt. Was bringt mir der Tag bei der Arbeit? Welchen Menschen laufe ich über den Weg? Was haben wir vor? Was steht nach der Arbeit an? Was gibt es zum Abendbrot oder wann gehe ich ins Bett? Ich hätte nie gedacht, dass ich mich dadurch einfach frei fühle. Ich habe immer gedacht, dass das nichts für mich ist. Doch ich muss sagen, ich mag es.

Des Weiteren ist mir aufgefallen, dass ich minimalistisch Lebe. Ich habe T-Shirts, die genau für eine Woche reichen. Ich stehe nicht vor dem Kleiderschrank und muss überlegen, was ich anziehe, weil ich viel zu viel habe. Ich habe das mitgenommen, was ich gerne anziehe. Und was soll ich sagen? Es reicht. Ich brauche gar nicht so viel. Denn obwohl ich sonst so viele Anziehsachen hatte, hatte ich immer das Gefühl, nichts zu besitzen. Nichts, was in diesem Moment passt oder mir gefällt. Und das, obwohl mein Kleiderschrank überquillt. Ich genieße es im Moment so sehr, nicht jeden Morgen diesen Konflikt mit mir selber zu haben. Die Dinge, die ich mitgenommen habe, reichen aus. Vollkommen. Natürlich vermisse ich ein paar Sachen doch das ist alles nichts, was ich zum leben brauche. Und dennoch habe ich Dinge mitgenommen, bei denen ich mich mittlerweile Frage, was ich mir wohl dabei gedacht habe. Denn sie liegen im Kleiderschrank oder stehen im Regal und ich habe eigentlich gar keine Verwendung dafür. Seltsam, dass es mir momentan so oft auffällt, was mir wichtig ist und sonst nicht. Ich kann mit so viel weniger auskommen und fühle mich so viel freier und glücklicher.

Wisst ihr, Minimalismus bedeutet nicht, nichts zu haben, sondern keinen Ballast zu besitzen. Nur Notwendiges. Weniger brauchen ist schöner, als viel zu haben. Das stelle ich immer wieder fest. Vor allem im Moment, wo ich so viele schöne Begegnungen habe. Menschen, die wissen wie es ist wenig zu haben, sind oftmals großzügiger als diejenigen, die schon immer alles hatten.

Jeder von euch kennt die Frage: „Was würdet ihr auf eine einsame Insel mitnehmen?“

Was sichert das überleben? Was ist wichtig? Worauf kommt es an?

Alles im Leben hat einen Sinn – nur manchmal brauchen wir etwas Abstand um es zu erkennen…Arm ist nicht wer wenig hat, sondern wer viel braucht.

 

Also, was würdet ihr auf eine einsame Insel mitnehmen? Abgesehen natürlich von den Menschen, die euch wichtig sind und euch glücklich machen? 


Weihnachten bei EWAKA

Die letzten Tage haben voller Weihnachtsvorbereitungen gesteckt. Normalerweise hätten wir am 25.12.2019 gefeiert, doch da Linus und Robin schon früher in die Weihnachtsferien gehen würden, haben wir schon am 16.12. gefeiert.

Gemeinsam mit Mama Grace haben wir überlegt, was wir alles machen können. Und so stand der Plan: zum Mittag soll es Matoke mit Erdnusssoße, Hühnchen, Fleisch, Kartoffeln, Süßkartoffeln, Reis, Chapati, Spinat und Sodas (Cola, Fanta, Sprite) geben. Danach soll eine Schnitzeljagd stattfinden, die am Nil mit einem Picknick endet. Abends wird es Stockbrot geben und zum Abschluss einen Weihnachtsfilm (Kevin allein zu Haus) mit selbstgemachtem Popcorn.

Natürlich dürfen auch Plätzchen nicht fehlen. Die haben wir für den 15.12.2019 geplant.

Mit Grace waren wir beim Central Market einkaufen. Es ist einfach unglaublich, wie riesig der Central Market ist. Ich dachte wirklich, dass ich schon alles gesehen hätte. In der unteren Abteilung gibt es Gemüse, Obst, Gewürze und Haushaltswaren. In der oberen Etage gibt es Stoffe, Kleidung etc. Doch Grace hat mich eines Besseren belehrt. An der Seite des Marktes ist dieser noch weiter ausgedehnt. Auch da kann man Obst, Gemüse und Gewürze kaufen und auch die Erdnussbutter, die direkt vor Ort hergestellt wird. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie unglaublich gut das alles gerochen hat. Hannes und ich wären am liebsten da stehen geblieben. Den Einkauf haben wir von unserem EWAKA Bodafahrer abholen lassen und sind anschließend noch mit Grace beim Rolex Joint, einem Restaurant für Rolex, etwas essen gegangen.

Am nächsten Tag stand dann das Plätzchen backen an. Nachdem der Teig im Kühlschrank etwas geruht hat, haben wir uns alle in der Küche versammelt und das Ausrollen und Ausstechen konnte beginnen. Mit lauter Weihnachtsmusik und dem Lachen der Kinder, die unglaublich viel Spaß daran hatten, war es ein richtig schöner Tag.

Der nächste Tag ist schon früh um 8 Uhr losgegangen, damit wir auch alles kochen können, was wir uns vorgenommen haben. Doch wie das in letzter Zeit leider öfter war, hat es sehr viel geregnet, sodass wir erstmal zu Hause festgesessen haben. Gegen 10 Uhr konnten wir dann eher schlecht als recht loslaufen und mussten dann leider entscheiden, dass die Schnitzeljagd im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser fallen muss. Natürlich haben wir uns davon nicht die Laune verderben lassen und haben uns einen schönen Vormittag mit den Kindern gemacht. (In diesem Falle meine ich mit uns die anderen. Ich musste leider krank wieder nach Hause gehen und hab die Weihnachtsfeier verpasst. Doch Hannes und Lena waren so nett und haben mich über WhatsApp auf dem laufenden gehalten. Also kann ich diesen Teil nur aus den Erzählungen der anderen wiedergeben). Das Essen zuzubereiten hat doch etwas länger gedauert als gedacht. Wir haben uns aber auch wirklich viel vorgenommen. Die Kartoffeln beispielsweise wurden im Öl geröstet, was wohl super lecker geschmeckt hat. Generell war das ganze essen einfach unglaublich gut und reichlich. Hinterher musste erstmal eine Pause gemacht werden. Nach der Pause ging es zum einen mit dem Kekse backen weiter und zum anderen wurde das Lagerfeuer für das Stockbrot vorbereitet. Sobald es etwas dunkler wurde, hat sich jedes Kind einen Stock gesucht und sich einen Platz um das Lagerfeuer gesichert. Es war eine unglaublich schöne Stimmung. Mit vielen Lachern und tollen Gesprächen. Nach dem Stockbrot haben sich alle im Movie Room versammelt und der Film „Kevin allein zu Haus“ wurde angemacht und dazu wurde Popcorn gereicht. Keine Ahnung, wer mehr Freude an dem Film hatte. Die Kinder oder die Erwachsenen. Alles in allem lässt sich also sagen, dass es ein wunderschönes Weihnachtsfest war.

Die letzten Wochen ist an sich gar nicht so viel neues passiert. Ich merke, dass ich von den Kindern morgens ganz anders Empfangen werde, da wir uns durch die Ferien viel besser kennen gelernt haben. Wenn ich morgens durch das Tor gehe, hallen mir schon rufe entgegen und ich falle fast um, weil mir die Kinder so in die Arme springen. Auch zu den Mamas bekomme ich einen immer besseren Draht und wir sitzen oft zusammen, um uns über alles Mögliche auszutauschen.

Mit Kato habe ich Momentan wirklich schöne Momente. Er besucht eine Schule für Menschen mit Behinderung in Kampala. Vor einigen Jahren hatte Kato einen Unfall und eine darauf Folgende Virusinfektion. Seitdem ist er Querschnittsgelähmt und sitzt im Rollstuhl. Nun ist er wie alle Kinder über die Ferien nach Hause zu EWAKA gekommen. Immer wieder sitze ich bei ihm und wir unterhalten uns ein bisschen. Über den Unterschied zwischen Kampala und Jinja. Über seine Schule. Über ganz viele verschiedene Superhelden und erzählen uns Geschichten. Letztens hat Kato mich dann überrascht und stand plötzlich mit seinem Rollstuhl hinter mir und wollte ein bisschen Basketball spielen. Nichts lieber als das! Ganz lange haben wir uns den Ball zugeworfen. Abwechselnd haben Kato und ich gespielt oder Kato und Joel. Joel und Kato sind echt die besten Freunde. Und soll ich euch sagen, worauf beide besonders stolz sind? Darauf, dass Kato mit Zweitnamen Joel heißt. Als ich letztens aus Kampala zurückgekommen bin, hat Kato mich angestrahlt und gesagt: „Da bist du ja endlich wieder. Ich habe dich so vermisst!“. Ach, es gibt doch wirklich nichts Schöneres, was das Herz so zum strahlen bringen kann. Gemeinsam mit Hannes hat Kato Plätzchen gebacken, Stockbrot gemacht und den Film mitgeschaut. Das sind wirklich die Kleinigkeiten, die mir lange im Herzen bleiben werden. Einfach Herzmomente.

Gemeinsam mit Grace habe ich drei Kinder mit Behinderung besucht, mit denen ich im neuen Jahr nach und nach starten werde. Es war spannend zu sehen, wie Grace mit den Familien auf Luganda spricht und mit viel Feingefühl viele Informationen zu den Kindern bekommt. (Übrigens nennt Grace mich immer liebevoll „Mina Mina“)

Ach, und eine Neuigkeit gibt es noch. Ich fahre spontan mit den anderen über Silvester nach Sansibar. Da freue ich mich schon sehr drauf. Auf Sansibar treffen wir dann die anderen RUTS Freiwilligen (Ruanda, Uganda, Tansania, Sambia).

Hannes hat auch nochmal eine neue Frisur von mir bekommen. Scheint so, als wäre die letzte gar nicht so schlecht gewesen.

Mit Lena und Hannes habe ich bei ihnen zu Hause auch nochmal ein Lagerfeuer mit Stockbrot gemacht. Zwei Mädels aus der Nachbarschaft sind auch vorbei gekommen. Das war ein richtig schöner Abend und unsere persönliche Weihnachtsfeier. Die wir mit einem essen beim Inder nochmal fortgesetzt haben.

Als Hannes und ich Kohle für das Lagerfeuer kaufen gegangen sind, haben wir eine Nachbarin von der Buwenda-WG getroffen. Eine unglaublich herzliche Frau, mit der wir uns sehr lange unterhalten haben. Sie hat uns viel von sich erzählt. Das sie mal Köchin in einem großen Restaurant war und uns gern zum Essen Einladen möchte. Da konnten wir natürlich nicht „Nein“ sagen.

 

Ich wünsche euch allen Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr! Ein neues Jahr mit vielen wunderschönen Herzmomenten.

Danke, dass ihr mich das letzte Jahr so sehr Unterstützt habt und so hinter mir gestanden habt!

 

 


Die EWAKA-Familie

Als erstes wünsche ich euch allen ein wundervolles, aufregendes, ereignisreiches und vor allem gesundes neues Jahr.

 

Gern möchte ich euch etwas mehr über die EWAKA-Familie erzählen. Natürlich habe ich das immer mal wieder ein bisschen gemacht, doch so bekommt ihr einen besseren Einblick und könnt euch vielleicht noch ein bisschen besser vorstellen, warum ich mich hier so wohl und zuhause fühle.

Bei EWAKA leben insgesamt 30 Kinder und Jugendliche. Alle von ihnen haben ihre Geschichte. Alle haben etwas erlebt und sind aus diesem Grund bei EWAKA. Alkoholmissbrauch als Säugling, Vergewaltigung, Missbrauch, auf der Müllkippe gefunden. Es ist keine schöne Vergangenheit bei den meisten und doch merkt man es ihnen im Tagesablauf nicht an. Denn sie haben eine neue Familie und können ihre Kindheit und ihre Jugend genießen. Mit viel Raum zum Toben, spielen, kämpfen, sich ausprobieren und an sich wachsen können.

Es herrscht eine unglaubliche Gemeinschaft bei den Kindern. Sie helfen sich gegenseitig. Ganz egal bei was. Die älteren sind sehr für die jüngeren da. Reichen das essen an, ziehen sie um, wenn sie sich in die Hose gemacht haben oder dreckig sind, teilen und sind Vorbilder. Sie sprechen Dinge untereinander ab und entwickeln immer wieder neue Spiele miteinander. Vor allem geben sie aufeinander acht und sind füreinander da.

Ich erlebe so viele Momente und Situationen am Tag, in denen ich immer wieder überwältigt bin. Ich darf so viel Liebe sehen und erfahren. Ich kann es nicht so in Worte fassen, dass ihr es Nachempfinden könntet. Vielleicht ist auch das wieder eine Sache, die ich für mich in meinem Herzen behalten darf.

Die Kinder werden sehr mit in den Alltag einbezogen. So ist es Beispielsweise in den Ferien so, dass die Kinder im Vormittag das Haupthaus sauber halten. Durchfegen und dann wischen. Jeden Tag ist ein anderes Kind an der Reihe. Auch das Waschhaus wird durchgewischt, die Wäsche wird aufgehangen und abgenommen und das Geschirr wird gewaschen. Die älteren kümmern sich mit einer Mama um das Frühstück und das Mittagessen. In der Schulzeit ist es so, dass die Kinder nach der Schule ihre Schulkleidung selbst waschen. Hierfür holen sie sich die Waschwannen und die Seife und waschen gemeinschaftlich. Ab und zu helfen auch die jüngsten mit. So lernen sie, gut auf ihre Kleidung achtzugeben und sie sauber zu halten. Und sie lernen, wie sie die Wäsche waschen müssen, damit sie sauber wird (ich kann euch sagen, das ist gar nicht so einfach.) Denn später hat man nicht unbedingt eine Waschmaschine zu Hause.

Beim Essen wird in Uganda nicht gesprochen. So könnt ihr euch sicherlich vorstellen, dass es ein sehr ruhiges Frühstück und Mittagessen ist. Zumindest, wenn man „nur“ mit seinen Ohren hört. Beobachtet man jedoch die Gruppe, ist sehr viel Bewegung in den Mahlzeiten. So wechseln die Kinder öfter mal ihren Platz, um sich neben jemand anderen zu setzen. Denn so kann man das essen besser teilen/tauschen. Es wird mit den Augen und den Augenbrauen kommuniziert. Es wird sich angeguckt, die Augenbrauen werden hochgezogen und der Blick geht auf den Teller. Danach wird dem anderen noch zugenickt. Das bedeutet so viel wie „Möchtest du noch etwas von meinem Essen abhaben?“. (Diese Art der Kommunikation funktioniert nicht nur bei den Mahlzeiten. Auch wenn man beispielsweise mit einem Boda-Fahrer fahren möchte, wird diese Technik angewandt, wenn man zusammen ein Spiel spielt oder wenn man sich auf der Straße trifft. Die Augenbrauen hochziehen und sich zunicken kann also sehr viel bedeuten.)

Immer wieder fällt mir auf, wie selbstständig und sicher die Kinder sind. So klettern sie beispielsweise von außen bis ganz oben auf das Baumhaus. Was ich mich selbst niemals trauen würde, da ich Sorge hätte, das Gleichgewicht zu verlieren, machen sie wie im Schlaf. Sie kennen ganz genau die Regeln und Grenzen und genießen dennoch so viele Freiheiten und bekommen einen riesigen Vertrauensvorschuss von den Mamas. Sie hören die Rufe aus einer unglaublichen Entfernung und sagen mir nicht nur manchmal, dass ich gerufen werde. Ich nehme das zum Teil gar nicht wahr, da wir so weit von dem Haupthaus weg sind oder ich mit meinen Gedanken gerade in eine Situation vertieft bin. Doch die Kinder sind darauf geschult und haben ein sehr feines Gehör.

Die Mamas sitzen oft vor der Küche zusammen und jede von ihnen übernimmt eine andere Aufgabe. Bohnen sortieren, Möhren schälen, Tomaten und Zwiebeln schneiden. Oft setze ich mich mit Esther und Isiah dazu, auch wenn ich nicht verstehe, was sie sagen. Doch ich mag es trotzdem und wir lachen oft gemeinsam. Das sind immer wieder schöne Momente. Vor allem, wenn von Gracie ihr liebvolles „Mina, Mina“ kommt.

Besonders schön finde ich, dass die EWAKA-Tür immer offensteht. So ist abgesehen von Esther auch oft ihr Bruder Emma den ganzen Tag bei uns oder die großen Geschwister Derik und Vivian. Ihr Vater Alex ist auch jeden Tag da. Um die Tiere auf die Wiese zu bringen, einige Reparaturen zu erledigen, sich mit den Mamas zu unterhalten oder um mit den Kindern zu toben. An manchen Tagen schleicht sich Alex an die Kinder heran, um sie etwas zu ärgern und an anderen Tagen stürmen die Kinder auf Alex zu, umringen ihn und bringen ihn fast zum Fallen. Dabei haben wir alle so unglaublich viel Spaß. Auch Sarah ist viel bei uns, sitzt mit den Mamas zusammen oder bringt die Tiere an eine andere Stelle.

All diese Sachen machen EWAKA für mich so besonders. Denn es ist und bleibt eine riesengroße Familie, die immer füreinander da ist. Eine Situation hat mir das besonders bewusst gemacht. Brian (einer der älteren) kam am Anfang der Ferien nach Hause. Er war vor den anderen Schulkindern da und als diese endlich zu Hause ankamen und Brian gesehen haben, sind sie so schnell auf ihn zu gerannt, dass sie fast hingefallen sind. „Brian“ hat man nur noch gehört und alle sind ihm in die Arme gefallen. Später kam Brian strahlend zu mir und meinte „Ich bin so froh endlich wieder zu Hause zu sein“. Diese Situation war kurz, nachdem ich hier angekommen bin. Damals habe ich das noch nicht ganz verstanden. „Zu Hause“…klar, er wohnt hier. Doch „Zu Hause“ ist ein sehr großes Wort, welches mit sehr viel Liebe verknüpft ist. Heute weiß ich, was er meint. Denn ich fühle es. Jeden Tag aufs Neue. Es wird mir jeden Tag wieder gezeigt. Und so ist nicht nur Göttingen mein zu Hause und auch nicht nur das Haus, indem ich momentan lebe. Nein, auch EWAKA ist mein zu Hause!

Ich hoffe, ich konnte euch EWAKA so ein bisschen näherbringen und ihr könnt etwas nachvollziehen, warum EWAKA für mich so besonders ist.

 

Zum Schluss berichte ich nochmal ein wenig von unserem Urlaub auf Sansibar.

Gemeinsam mit Lena und Hannes bin ich am 24.12.2019 abends um 23 Uhr in Kampala mit dem Bus nach Tansania gestartet. Ungefähr 34 Stunden waren wir unterwegs. Wiedererwartend war die Busfahrt für mich relativ angenehm und ich konnte recht viel schlafen. Es war einfach unbeschreiblich, durch Tansania zu fahren und die Landschaft zu beobachten, wie sie sich immer wieder verändert hat. Von großen Bergen zur unglaublichen Weite und überall standen Baobab Bäume. Wenn ich früher an Afrika gedacht habe, habe ich es mir immer so vorgestellt. Weite, unglaubliche Weite und nichts als Bäume. Massais, die durch die Landschaft gehen und ab und zu mal ein Haus auf dem Weg. Mit Sicherheit hat mich das Buch „Die weiße Massai“ und „Das Traumschiff“ sehr geprägt und so kam mein Bild zustande. Heute weiß ich, wie abwechslungsreich dieser Kontinent ist und ich durfte schon einige Länder bereisen. Tunesien, Kenia, Ägypten, Namibia, Botswana, Uganda und Tansania. Ich könnte nicht sagen, was mir am besten gefallen hat. Denn jedes Land ist auf seine eigene Art und Weise so unglaublich besonders und jedes Land durfte ich mit unterschiedlichen Menschen kennen lernen, was die Reise auch nochmal anders besonders gemacht hat. In Tansania beispielsweise gibt es nicht nur unendliche Weite und „nichts“. Es gibt genauso große Städte mit Hochhäusern. In Namibia gibt es nicht nur die Wüste. In Ägypten nicht nur die Pyramiden und in Kenia nicht nur Traumstrände. Jedes Land ist so Facettenreich. Ich merke, was das Fernsehen für ein falsches Bild vermittelt. Ein einheitliches. Auch Bücher sind immer aus der Sicht einer einzelnen Person geschrieben und spiegeln nur das wieder, was diese Person sieht. Es ist so wichtig, dass wir uns unser eigenes Bild machen. Ganz unabhängig von dem großen Kontinent Afrika. Ich persönlich bin froh, dass ich schon so viele Länder auf dem Kontinent besuchen konnte. Und doch waren es nur kleine Punkte, die ich kennen gelernt habe. Ich könnte niemals sagen, dass ich ganz Uganda gesehen habe, auch wenn ich hier für 9 Monate lebe. Was ich damit sagen möchte: Die afrikanischen Länder bestehen nicht nur aus Tieren, Steppe, Lehmhäusern und „armen Menschen“. Auch, wenn uns die Medien immer wieder genau das zeigen. Sie bestehen genauso aus großen Städten, Hochhäusern, Berufsverkehr und so vielem mehr. Ich habe ja erwähnt, dass mich das Buch „Die weiße Massai“ ziemlich geprägt hat. Hierzu habe ich einen tollen Artikel bekommen. Lest ihn euch durch, es lohnt sich!https://deref-web-02.de/mail/client/bp1zMLSv8RQ/dereferrer/?redirectUrl=https%3A%2F%2Fwww.deutschlandfunk.de%2Freihe-spaete-reue-die-afrika-schmonzette-im-deutschen.691.de.html%3Fdram%3Aarticle_id%3D414862

In Tansania angekommen, haben wir die Fähre rüber nach Sansibar genommen und das schon die ersten Mitfreiwilligen getroffen. Die ersten zwei Tage hatten Lena, Hannes und ich zu dritt eine Unterkunft. Ein kleines Zimmer mit zwei Betten und Gemeinschaftsbäder. Für zwei Nächte vollkommen ausreichend. Unser Vermieter hatte einen guten Kontakt zu einem Bootsfahrer und so haben wir uns an unserem ersten richtigen Tag aufgemacht zur „Prison Island“. Früher war es ein Gefängnis, heute ist die Insel von großen Schildkröten bewohnt. Wir haben uns also die Schildkröten angeschaut und danach waren wir noch im Türkisblauem Wasser schnorcheln. Ein gelungener Start in unseren Urlaub. Danach ging es dann auf zu unserer anderen Unterkunft mit der WG aus Kampala. Wir Mädels hatten zu viert ein Zimmer und die Jungs hatten zu viert ein Zimmer. Eine große Wohnküche gab es auch. Alles in allem war ein eine wirklich tolle Unterkunft und nur 5 Gehminuten vom Traumstrand entfernt. Da haben wir unsere Tage verbracht. Einfach am Strand liegen, die Sonne genießen und den Wellen lauschen. Das tat unfassbar gut und ich konnte wirklich gut abschalten und runterkommen. Silvester haben wir mit allen Freiwilligen gemeinsam am Strand gefeiert und hatten zur Überraschung sogar ein großes Feuerwerk. An unserem letzten Tag haben wir nochmal alle zusammen eine Schnorchel Tour gemacht, die Linus organisiert hat. Nachdem wir unsere Ausrüstung bekommen hatten, ging es los zu insgesamt zwei kleinen Booten. Der Tag war zwar sehr sonnig doch auch ziemlich windig und so hatten wir ziemlich starke Wellen. Unser Bootsfahrer hatte ziemlich viel Spaß dabei sehr schnell über das Wasser zu fahren und die Wellen möglichst gut mitzunehmen. Das war auch ziemlich witzig und wir haben alle ziemlich viel gelacht. Doch dann haben wir nach vorne geguckt und es kam eine ziemlich große Welle genau auf uns zu. Ich kann euch sagen, in dem Moment denkt man einfach nur „ach du scheiße“. Für mehr war ich nicht in der Lage. Ich habe noch Hannes gesehen, wie er probiert hat sich irgendwie festzuhalten und schon hat uns die Welle mit voller Wucht getroffen. Hannes und mich hat es von der Bank geschleudert und wir haben uns auf dem Boden wiedergefunden. Außer ein paar dicker Blauer Flecke ist ein Glück nichts passiert. Das schnorcheln war ziemlich toll. Ich habe viele verschiedene Fische, Seeigel und sogar eine Wasserschlange gesehen. Den Tag haben wir dann am Strand beim Sonnenuntergang ausklingen lassen.

 

Wieder in Uganda angekommen konnte ich es kaum erwarten wieder ins EWAKA zu gehen. Ich wurde freudestrahlend von den Kindern und den Mamas empfangen und wir hatten uns viel zu erzählen. Denn Eva ist wieder in Uganda und es gab eine große „New Years Party“. So schön der Urlaub auf Sansibar auch war, so froh bin ich auch wieder, zu Hause zu sein. Einen kleinen Familienzuwachs haben wir auch bekommen. Seit ein paar Tagen lebt eine kleine Katze bei EWAKA. „Nico“ wird von den Kindern sehr liebevoll umsorgt.

Gestern hat Linus mir gezeigt, wie wichtig es ist, dass man Luganda/Lusoga sprechen kann. Er hat mich ein Stück nach Hause begleitet und wir sind an dem Haus einer Familie vorbei, von denen wir zwei Kinder als Patenschaftskinder bei uns haben. Die Mama hat uns freudestrahlend begrüßt und uns zu ihnen gebeten. Linus war schon öfter da doch für mich war es das erste Mal. Beim Näherkommen ist mir aufgefallen, dass ich mit der Mama schon öfter sehr, sehr netten Kontakt auf der Straße hatte. Wir haben uns schon öfter sehr nett begrüßt und umarmt. Ohne, dass ich wusste, dass auch sie zur EWAKA-Familie gehört. Und so habe ich mich ziemlich schnell inmitten dieser sehr liebevollen Familie gefunden. Linus hat ein bisschen auf Lusoga mit der Familie gesprochen und der Hof war von lachen und freundlichen Worten gefüllt. Ich konnte leider nicht ganz so viel mitsprechen, da ich nur ein paar Wörter beherrsche. Ich habe Linus tatsächlich etwas dafür beneidet. Denn abgesehen von mir, ist Linus echt schnell im Sprachen lernen und geht unglaublich offen und lässig auf die Menschen zu.

Das hat mir mal wieder gezeigt, wie wichtig es ist, die Sprache zu sprechen. Ich möchte unbedingt daran arbeiten auch noch mehr zu verstehen, damit ich mich noch besser verständigen kann.

Ja, ich bin hier wirklich zu Hause. Ich hätte nicht gedacht, dass ich nach gut zwei Monaten schon so unglaublich gut angekommen bin.

 

Ich möchte mich bei euch allen für das letzte Jahr bedanken! Ich hätte niemals mit so einer unglaublichen Unterstützung gerechnet, wie ich sie erfahren durfte. Von meiner Familie, meinen Freunden, meinem Team und von Menschen, die mich Unterstützen, obwohl sie mich nicht kennen! Ich hoffe, ich kann euch mit dem Blog gut auf dem Laufenden halten und ihr seht, was ich durch eure Unterstützung alles leisten kann.

 

Ganz besonders froh bin ich für die Kontakte, die durch meine 9 Monate in Uganda sehr viel enger geworden sind. Denn es ist nicht selbstverständlich so im Kontakt zu sein trotz so einer großen Entfernung. Danke dafür! 


Ausflug in den Wasserpark

Gemeinsam mit der ganzen EWAKA Familie haben wir einen Ausflug zum Wasserpark in Kampala gemacht.

Natürlich galt es im Vorfeld einiges zu klären. Wann können wir in den Wasserpark? Was wollen wir essen? Wieviel kostet beides? Wie kommen wir mit so einer großen Gruppe von fast 50 Leuten nach Kampala? Was brauchen wir noch alles für den Ausflug?

Nachdem Robin und ich mit Grace gesprochen haben, wann die Schule wieder los geht und mit dem Wasserpark-Besitzer, wann wir kommen können, konnten wir auch den letzten Rest planen. So sollte es im Wasserpark Pizza und Pommes geben und für jeden eine Soda. Für Zwischendurch sollte es etwas Obst geben. Wassermelone, Ananas und Bananen. Natürlich durfte auch genug Wasser zum Trinken nicht fehlen.

Gemeinsam mit Grace bin ich am Tag vorher zum Central Market gefahren, um das ganze Obst zu kaufen. Wieder habe ich gemerkt wie wichtig es ist, Luganda sprechen zu können. Grace hat etwas Smalltalk gehalten und dann mit dem Verhandeln angefangen. So haben wir für 4 Ananas, 4 Wassermelonen und ungefähr 70 Bananen umgerechnet 11€ bezahlt. Danach waren wir noch bei dem Bus, um alles Wichtige für den nächsten Tag zu besprechen.

Die Kinder, die Mamas, Sarahs Familie und auch wir waren voller Vorfreude. Am nächsten Tag sollte es um 8 Uhr losgehen.

Als Robin und ich am nächsten Morgen bei EWAKA angekommen sind, stand schon der Bus da und die ersten Kinder saßen drinnen und haben gewartet, dass es endlich los ging. Wir haben den letzten Rest eingeladen, auf die anderen gewartet und schon ging es los. Auf der Fahrt wurde gesungen, gelacht und viel erzählt. Einige haben auch nochmal etwas Kraft getankt und eine kleine Runde geschlafen.

Im Wasserpark angekommen ging es dann ziemlich schnell ins Wasser. Alles wurde ausprobiert. Die Rutschen, die Wasserfontänen (sahen aus wie verschiedene Tiere, aus denen verschieden Wasser rauskam), das große Schwimmbecken, die Hüpfburgen und die Trampoline. Im Nachhinein könnte ich gar nicht sagen, wer mehr Spaß hatte. Die Mamas, die Kinder oder wir Freiwillige.

Gemeinsam mit den Mamas war ich ziemlich oft rutschen. Mit Isiah war ich im Wasser. Anfangs war er etwas ängstlich doch nach einiger Zeit hat er sich sogar von meinem Arm runter getraut und hat allein im Wasser gespielt. Mit Kato und einigen anderen Kindern war ich viel auf dem Trampolin. Vor allem Kato hat sich vor Lachen nicht mehr ein bekommen, wenn er durch die Luft „geflogen“ ist.

Es war wirklich ein unglaublich schöner, lustiger und perfekter Tag.

Der passende Ferienabschluss. Denn ab der nächsten Woche müssen alle wieder in die Schule. 

 

„Es ist so schön friedlich bei dir“. Hat letztens jemand zu mir gesagt, nachdem ich ein Video von der Natur gemacht habe. Man sieht die Natur und man hört sie. Und ja. Hier ist es friedlich. Allzu oft liege ich morgens noch eine Weile im Bett und lausche. Und während ich da so liege, frage ich mich ziemlich oft, ob ich in Deutschland nie richtig zugehört habe. Ob ich dafür vorher etwas blind/taub war. Ich bin gerne in der Natur und ich nehme viel wahr. Doch ich lag vorher nie im Bett und habe einfach der Natur zugehört.

Tatsächlich habe ich mir vorher überhaupt keine Gedanken gemacht, was mich hier alles erwarten könnte. Wie die Natur hier ist wusste ich von Eva. Also, dass es sehr grün ist. Doch ob es hier gefährliche Tiere gibt, wusste ich nicht. Meine einzige Sorge war, dass ich viele Spinnen in meinem Zimmer haben werde (Denn dieses Erlebnis hatte ich in Botswana. Das hatte mir und Britta damals so einige schlaflose Nächte bereitet. Und auch ziemlich witzige Geschichten, über die wir heute noch lachen können). Doch ein Glück habe ich hier noch keine so großen Spinnen gesehen. In meinem Zimmer habe ich zwar viele kleine Spinnen doch über die kann ich gut hinwegsehen. Ich bin mir sicher, dass sich die Geckos sehr darüber freuen.

Ich hatte euch ja schon von den Schlangenbesuchen erzählt, die wir bei EWAKA hatten. Doch irgendwie war mir das da immer noch nicht bewusst, dass das wirklich gefährlich sein kann. Dieses Bewusstsein kam letztens erst, während einer EWAKA-Schicht. Ich saß gemeinsam mit ein paar Kindern vor dem Haus und habe UNO gespielt. Hannes war in der Nähe und hat mit Isiah Quatsch gemacht und Linus war auf dem Basketballplatz, der frisch fertig ist und hat mit den Kindern gespielt. Plötzlich ging alles ganz schnell. Die Mamas sind aufgesprungen, die Kinder wurden laut und die älteren Jungs hatten lange Äste in der Hand. Denn genau neben Linus, der das alles gar nicht richtig mitbekommen hat, ist eine große, giftige Schlange vorbeigehuscht. Ronald hat später erzählt, dass sie sich sogar schon aufgerichtet hat. Die Schlange hat es geschafft, sich in ein kleines Loch neben dem Feld zu flüchten. Sofort wurde in alle Löcher reingestochen und es wurde sogar angefangen, den Boden umzugraben. Doch die Schlange haben wir nicht mehr gefunden.

Natürlich war das noch lange Gesprächsthema. Es ist wichtig, die Schlangen zu töten, da sie giftig sind. Ein Glück haben wir nicht oft Besuch von Schlangen und wenn doch, sehen wir sie nur, wenn sie schon tot sind, da alles sehr schnell geht. Doch bei mir zuhause habe ich beispielsweise noch nie eine gesehen. Tatsächlich gibt es Schlangen auch eher vereinzelt in ländlicheren Regionen wie beispielsweise Jinja.

Trotz allem muss ich sagen, dass ich überhaupt keine Sorge habe mich frei zu bewegen. Ich bin mir nun einfach bewusst, dass ich aufpassen muss, wenn ich beispielsweise durch hohes Gras gehe.

 

Wisst ihr, ich bin immer wieder von der Fürsorge überrascht, die ich so oft erfahren darf. Letztens war ich ziemlich krank und war fast die ganze Woche zu Hause. Issac, einer der Bodafahrer, hat das mitbekommen und kam jeden Abend vorbei, um zu fragen, wie es mir geht und ob er mich nicht doch ins Krankenhaus bringen soll. Denn er hätte dabei ein besseres Gefühl. Er konnte das gar nicht verstehen, dass ich lieber zuhause bleiben möchte. Als es mir wieder einigermaßen gut ging, bin ich mit Hannes ins Camp, weil ich einfach mal raus musste. Nach ein paar Stunden habe ich Issac angerufen, ob er mich nach Hause bringen könnte. Er hat sofort gefragt wo ich bin und meinte, ich soll da stehen bleiben, er würde bis vor die Tür gefahren kommen, damit ich ja nicht zu viel laufen muss. Ich habe dankend abgelehnt, doch er war erst beruhigt als ich gesagt habe, dass Hannes neben mir steht und auf mich aufpasst.

Auch Ronald, unser ältester von EWAKA, war sehr besorgt. Er hat sich immer wieder nach mir erkundigt und ist mit Hannes in der Stadt von Geschäft zu Geschäft gelaufen, weil ich so gern eine Wärmflasche wollte.

Es ist wirklich schön zu wissen, dass ich hier nicht allein bin und jederzeit jemand da ist, den ich um Hilfe bitten kann. Zu wissen, dass ich so viele Menschen um mich herumhabe, die sich Sorgen machen, da sind und mir den Rücken stärken.


Ugandisch kochen

Während die Schule wieder angefangen hat und alle Kinder nach und nach wieder los sind, sind Isiah, Esther und ich im Ewaka geblieben. Denn auch Josie geht ab jetzt in die Vorschule, wo sie spielerisch auf die Schule vorbereitet wird und spielerisch englisch lernt.

Esther, Isiah und ich genießen den Vormittag in ganz neuer Ruhe und zu dritt. Wir frühstücken in unserer kleinen Runde und gehen dann entweder auf den Spielplatz oder wir setzen uns in den Schatten und spielen ein wenig Karten. Auch bei den beiden ist das Lieblingsspiel UNO, wobei wir ohne Regeln spielen. Den beiden ist es wichtig, die Karten (genauso wie die großen) voller Elan aufeinander zu werfen und bei der letzten Karte „UNO“ zu rufen. Dies machen wir oft mehrere Stunden am Tag und die beiden werden nicht müde davon.

Seid nun einer Woche hole ich Hadijah zu Ewaka. Hadijah ist 11 Jahre alt und hat Autismus. Gemeinsam mit unserem Boda Fahrer hole ich sie zweimal die Woche morgens von zu Hause ab und bringe sie danach wieder zurück. Für den Anfang ist es mir wichtig, dass Hadijah sowohl Ewaka, die Kinder, die Mamas (Grace, Rose, Azidah und Evas) als auch mich kennen lernt. Deshalb bleibt sie momentan für 2 Stunden bei uns. Gemeinsam mit Esther und Isiah frühstücken wir und erkunden dann etwas das Gelände. Am Dienstag, ihrem ersten Tag, waren außer Esther und Isiah auch zwei Schulkinder da, da sie krank waren. Es ist so schön zu sehen, wie Hadijah von allen mit offenen Armen empfangen wurde. Es wurden gleich die UNO Karten mit ihr geteilt und alle haben sich zu uns gesetzt. Jeder hat sie freundlich begrüßt und sie probiert in ein Gespräch zu verwickeln. Hadijah ist oft bei sich und antwortet sporadisch – eben dann, wenn sie Lust dazu hat. Als wir bei unserem ersten gemeinsamen frühstück saßen (es gab Milch mit Chapati), hat Hadijah plötzlich aus tiefstem Herzen angefangen zu lachen. Es war so unglaublich schön, dass ich einfach mitlachen musste. Sowohl die Kinder als auch die Rose, Azidah und Alex haben uns erst verwundert angeguckt und sind dann alle in unser Lachen mit eingestiegen. Das war ein wirklich schöner Moment. Am Donnerstag, unserem zweiten Tag, ist Hadijah schon viel freier über das Gelände gelaufen und hat mich immer wieder an die Hand genommen, um mit mir eine neue Ecke zu erkunden. Und dann, ganz plötzlich, ist Hadijah stehen geblieben, hat sich umgedreht und mich umarmt. Einfach so, ganz lange. Ein weiterer, wunderschöner Herzmoment, der mir lange bleiben wird.

Esther, Isiah und ich sind im Vormittag auch immer wieder nebenan bei Esther zu Hause anzutreffen. Ich muss sagen, ich fühle mich bei Sarah und Esther zu Hause wirklich wohl. Es ist nochmal eine ganz andere Art der Ruhe. Gestern beispielsweise sind wir gegen 12 Uhr rüber. Sarah war gerade dabei das Essen vorzubereiten. Süßkartoffeln lagen schon bereit und sie hat noch ein paar Bananenblätter abgeschnitten. Da Esther und Isiah gerade wirklich schön miteinander gespielt haben, habe ich die Chance genutzt und Sarah gefragt, ob ich helfen kann. Im ersten Moment war Sarah etwas verwundert über die Frage doch dann hat sie mir ein Messer und die Bananenblätter in die Hand gedrückt „Schaffst du das?“ war ihre Frage und schon ist sie ins Haus gegangen, um die nächsten Sachen zu holen. Und so stand ich da…mit dem Messer in der einen und den Bananenblättern in der anderen Hand und wusste gar nicht, was ich damit machen soll. Schon öfter hab ich Rose bei Ewaka mit Bananenblättern gesehen und wie sie daran herumschneidet. Doch ich wusste wirklich nicht, was nun meine Aufgabe ist. Als Sarah wieder zurück kam habe ich gefragt, was ich denn nun machen soll. Ihr Blick ging von den Banenenblättern zu mir und wieder zurück. An einem Blatt hat sie mir gezeigt, was nun zu tun ist. Bananenblätter sind wirklich groß und ich sollte den Stil, der wirklich sehr dick ist, zur Hälfte abschneiden, damit man die Blätter knicken kann, ohne das sie kaputt gehen. Alles klar, dachte ich mir, ist ja gar nicht so schwer. Tja..ist es aber doch. Denn es ist wirklich nicht einfach, den Stil vernünftig zu halbieren, ohne zu viel abzuschneiden, dass sie nicht doch auseinander fallen. Der erste Versuch war also nichts und ich habe Sarah gefragt, ob sie das nicht lieber doch selbst machen möchte. Doch ich durfte weiter machen und es war überhaupt nicht schlimm, dass ich nicht alle Blätter richtig gut geschafft habe. Als Sarah alles fertig hatte, hat sie sich zu mir gesetzt und wir haben gemeinsam die Süßkartoffeln geschält. Es war so schön ruhig und wir hatten mal ganz entspannt Zeit, uns miteinander zu unterhalten. Schon bald kam die Frage, ob wir in Deutschland keine Bananenbäume hätten, denn ich hätte mich ja schon ein bisschen unbeholfen angestellt. Ich musste sehr doll lachen, denn ich habe mich wirklich ziemlich ungeschickt angestellt. Ich habe ihr erzählt, dass in Deutschland keine Bananen wachsen und dass die meisten Menschen auch kein Matoke kennen sondern nur die gelben Bananen. Und so kam es, dass wir aufgezählt haben, was jeder so anbaut und erntet. Es war wirklich spannend und ich habe probiert zu erklären, was genau Erdbeeren sind und wie sie wachsen. Denn daran war Sarah wirklich sehr interessiert. Ganz zum Schluss meinte Sarah dann, dass sie immer gedacht hat, dass es überall auf der Welt gleich ist. Das es überall Bananenbäume gibt, Süßkartoffeln und Kidney Bohnen. Ich glaube diese zwei Stunden, die wir zusammen gesessen und uns ausgetauscht haben, taten uns beiden wirklich gut. In Uganda kocht man viel  mit Bananenblättern, da sie zum einen Feuchtigkeit abgeben und dadurch nicht so viel Wasser benötigt wird und zum anderen, dass dadurch das Essen nicht an den Töpfen kleben bleibt. Später hat Sarah mich geholt und wir haben zusammen Süßkartoffeln mit Beans gegessen. Es war wirklich lecker und wir haben gesagt, dass ich bald wieder zum Helfen vorbeikomme und Sarah mir hilft, etwas mehr Luganda zu lernen. Wir haben uns auch viel über unsere Familien unterhalten, wieviele Geschwister wir haben und wie wir leben. Auch hat Sarah mich gefragt, ob sie meine Eltern kennen lernt und ob sie mich besuchen kommen. Doch da meine Mutter aus gesundheitlichen Gründen leider nicht nach Uganda reisen darf, geht das leider nicht. Letztens hatte ich mit ihr über WhatsApp telefoniert und ihr das Baumhaus gezeigt. Derick, Sarahs Sohn, war auch mit dabei und hatte Sarah davon erzählt. Ich habe ihr erklärt, dass ich meiner Mutter dadurch viel von Uganda zeigen kann. Beispielsweise meinen Arbeitsweg, Ewaka, die Kinder und das Gelände. Dadurch ist es quasi so, als wäre sie mit hier. Natürlich kann man es nicht vergleichen doch für mich macht es das Gefühl etwas besser. Meine Mutter hat sogar schon mit Rose und Ronald gesprochen und auch schon mit vielen Kindern. Es ist immer wieder schön. Mal sehen, vielleicht ergibt es sich, dass Sarah auch mal mit ihr spricht und meine Mutter ihr unseren Garten in Deutschland zeigen kann und das graue Wetter momentan. Und Sarah kann ihr vielleicht ihren Garten zeigen.

Tatsächlich konnte ich noch etwas anderes, für mich sehr spannendes, bei Sarah und Alex auf dem Hof beobachten. Sarah und Alex wohnen mit zwei weiteren Familien auf dem Hof. Beide Familien haben jüngere Kinder im Alter von einem bis vier Jahren. Als ich nun letztens drüben war, saßen drei der Kinder etwas hinter dem Haus versteckt und hatten ein Messer in der einen und etwas anderes in der anderen Hand. Ich bin neugierig geworden und bin hingegangen um zu sehen, was genau sie da machen. Es hat sich herausgestellt, dass sie ein kleines Küken geschnappt haben. Ich vermute, dass sie das nachfolgende oft bei den Erwachsenen gesehen haben denn es sah so aus als wüssten sie ganz genau, was sie tun. So haben sie dem Küken also den Kopf abgetrennt und haben angefangen die Federn zu rupfen. Danach haben sie mit dem Messer die Beine abgetrennt und dann die Flügel. Anschließend haben sie angefangen die Haut abzuziehen. Ich war wirklich fasziniert davon, denn die Handgriffe haben gesessen und das alles ging relativ schnell. Als sie noch nicht ganz fertig waren hat der Vater das alles mitbekommen und so mussten die drei das Ganze unterbrechen. Wirklich schade, denn ich hätte gern gesehen, was sie danach gemacht hätten. Ich persönlich fand es wirklich spannend und man hat ganz genau gesehen, dass sich die Kinder das von den älteren/Erwachsenen abgeguckt haben.

Zwei Häuser weiter von Ewaka fand die letzten Tage eine große Verlobungsfeier statt. Diese ging über zwei Tage und ganz Kyabirwa (das Dorf, indem ich lebe) war dabei. Viele der älteren Frauen sind in einem traditionellen Kleid (Gomesi) zu der Feier gegangen. Diese Kleider sind farbenfroh und Bodenlang. Sie haben große „Puffärmel“ und in der Mitte einen breiten Gürtel. Tatsächlich tragen viele ältere Frauen in Kyabirwa dieses Gewand jeden Tag. Auf dem Hof der Familie wurden viele Zelte aufgebaut und es wurde schon am Abend vorher groß gefeiert. „Wir haben die ganze Nacht durchgetanzt“, hat mir Sarah später erzählt. An der eigentlichen Feier ist es so, dass sich alle versammeln und ein Moderator durch die Veranstaltung führt. Die Gäste werden vorgestellt und es wird viel erzählt und auch gegessen. Gegen Abend bin ich mit Robin nochmal vorbei, da wir mit ein paar Ewaka Kindern zu Ewaka gelaufen sind. In dem Moment wurden die Geschenke von der Familie des Bräutigams an die Familie der Braut überreicht. Wir standen eine Weile dabei und haben uns mit Sarah und Alex darüber unterhalten. Sie haben uns etwas erklärt, worum es gerade ging und so konnten wir alles etwas besser verstehen. Es war wirklich spannend das Geschehen aus der Ferne zu beobachten.

 

Im Februar hatten wir auch endlich unser Zwischenseminar. Es war wirklich toll, in einer sehr ruhigen und abgelegenen Unterkunft. Wir hatten viele spannende Themen wie Rassismus, Vorurteile und Differenziertes Berichten. Auch über unsere Projekte haben wir gesprochen und was wir gern noch umsetzen wollen. Ich muss sagen, die Ideen bei mir sind wirklich übergesprudelt. Für die zweite Hälfte habe ich nochmal viel Motivation, Anregungen und Ideen mitgenommen, die ich alle sehr gern noch umsetzen möchte. Auch Eva ist von den Ideen begeistert und gemeinsam mit Ronald werde ich die ersten Sachen in Angriff nehmen. Ich werde euch auf alle Fälle auf dem Laufenden halten. 


Und plötzlich ist alles ganz anders

Ihr lieben, ich weiß, dass sich viele Sorgen machen. Deswegen eines vorweg: Mir geht es gut! Ich bin gemeinsam mit den anderen Freiwilligen aus Uganda und Bukoba (Tansania) in Kampala, der Hauptstadt von Uganda, und warte auf einen Rückflug nach Deutschland. Die Ereignisse haben sich in den letzten Tagen echt überschlagen. Montagabend haben wir die Info bekommen, dass alle Freiwilligen ausgeflogen werden. Das war für uns erstmal ein ganz schöner Schock, denn in Uganda gab es bis dahin noch keine offiziell bestätigten Fälle. Wir haben also angefangen zu packen und die Kinder darauf vorbereitet. Am Freitag hatte ich einen unglaublich schönen Geburtstag. Die anderen Freiwilligen haben mir einen Kuchen geschenkt und gemeinsam mit der Ewaka-Family haben wir gefeiert. Sowohl meinen Geburtstag als auch unseren Abschied. Ein Glück musste ich mich noch nicht verabschieden, da ich am Samstag noch einmal hingegangen bin. Dafür war der Samstag für mich umso härter. Wir haben geweint und gelacht und die Kinder konnten gar nicht verstehen, dass ich so schnell nicht wiederkommen werde. Isiah zum Beispiel saß auf meinem Schoß und hat mich ganz erstaunt angeschaut, als plötzlich die Tränen flossen. Er hat sie immer wieder weggewischt und dann auf seine Hand geguckt. Es war einfach zu toll. Irgendwann hat er sich zusammengekuschelt und ist auf meinem Schoß eingeschlafen. Einen perfekteren Abschluss hätte ich mir mit ihm nicht vorstellen können. An meinem ersten Tag ist er auf meinem Arm eingeschlafen und an meinem letzten Tag auch.

Gemeinsam mit den Mamas waren Hannes und ich abends noch im Camp essen. Da kam die nächste Überraschung. Unsere Fluggesellschaft hat alle Flüge gestrichen und ein paar Stunden später wurde entschieden, dass die Grenzen in Uganda dicht gemacht werden und keine Flüge mehr starten/landen.

Und so saßen Hannes und ich da und wussten im ersten Moment gar nicht weiter. Genauso, wie meine Familie.

Wir haben uns Sonntagmorgen auf den Weg nach Kampala gemacht, damit wir schneller am Flughafen sein können, falls es einen spontan Flug gibt. Gemeinsam mit Nikolai und Rosa aus Bukoba schlafen wir bei Jonas.

Langsam spüren wir die Auswirkungen des Coronavirus. Die Schulen, Diskotheken, Friseure etc. haben alle geschlossen in Kampala. Die Regierung hat tatsächlich um einiges schneller gehandelt.

Ja…so sitzen wir hier und warten und machen das Beste daraus. Ich weiß, wie es in Deutschland aussieht auch, wenn ich es mir nicht wirklich vorstellen kann.

Deswegen ist es mir wichtig, dass ihr wisst, das es mir gut geht. Wirklich gut. Immerhin haben wir noch genug Toilettenpapier 😉 und obwohl es mir so gut geht, bin ich doch wirklich erschöpft und traurig. Ich habe so sehr dafür gekämpft, dass machen zu können. Für neun Monate meinen Traum zu Leben. Und nun, ist dieses sowieso schon kurze Zeitfenster ganz plötzlich geschlossen. Einfach so vorbei. Obwohl ich noch so viel vorhatte. So ist das Leben…da kann niemand etwas für und doch ist es so schmerzhaft.

Und eigentlich ist dieser Blogeintrag irgendwie hinfällig. Doch ich möchte ihn trotzdem veröffentlichen, da er zu meiner Geschichte in Jinja dazugehört.

 

So…und nun zu meinem eigentlichen Blogeintrag:

 

 

Dieser Blog sollte eigentlich ganz anders werden. Doch wie ich hier so im Garten saß und die Kinder beobachtet habe, die hier immer wieder vorbei kommen und mir zuwinken habe ich gemerkt, dass ich das einmal loswerden möchte. Denn es gehört genauso zu meiner Zeit in Jinja. Es gehört zu mir und so gehört es für mich auch in meinen Blog. Es ist nicht einfach für mich darüber zu schreiben doch ich denke, dass es wichtig ist.

In den letzten Wochen ist ganz schön viel passiert. Nicht nur bei Ewaka sondern auch bei mir persönlich. Wie ich ja in meinem letzten Beitrag schon geschrieben hatte, hatten wir unser Zwischenseminar mit vielen Inhalten und ich hatte viele Gespräche mit den anderen Freiwilligen und Ingo vom ASC. Auch später, zurück bei Ewaka, hatte ich sowohl mit Eva als auch Jonas (beide unsere Projektmanager und Gründer von Ewaka) einige Gespräche. Alle Gespräche sind auf die gleiche Frage hinausgelaufen: „Möchtest du verlängern und noch 6-15 Monate in Uganda bleiben?“. Ich könnte tatsächlich noch 15 Monate verlängern, da man von „weltwärts“ aus für insgesamt 24 Monate das Programm mitmachen kann. Wie ihr wisst, bin ich für 9 Monate in Uganda.

Ja…gute Frage…möchte ich verlängern? Während alles in mir „Ja!! Unbedingt!!“ schreit, schaltet sich ziemlich schnell meine Vernunft und mein Kopf dazu. Und da ist er wieder, mein Kopf. Den ich vor nun fast einem Jahr so gut zum Schweigen gebracht habe. Naja, nicht wirklich Schweigen. Ich habe die Stimme, die Vernunft, zumindest etwas leiser bekommen und erfolgreich auf mein Herz und meinen Bauch gehört. Eben auf das, was mir mein inneres Gefühl sagt. Nach wie vor war das die beste Entscheidung meines Lebens!

Und so sitze ich hier, in meiner Wahlheimat, in der ich mich so unendlich wohl fühle und weiß zum ersten Mal in meinem Leben wirklich nicht weiter. Keine Ahnung, wie ich so eine große Entscheidung treffen soll. So viele Gedanken und Gefühle spielen mit hinein. Es ist nicht so, dass ich Heimweh habe. Natürlich vermisse ich all meine liebsten Menschen in Deutschland doch sind mir mittlerweile auch in Jinja so viele Menschen ans Herz gewachsen. Auch hier habe ich eine Familie, die ich zurück lasse. Menschen, die ich vermissen werde und wo es mir jetzt schon das Herz bricht, wo ich nur an Abschied denke. Ungefähr so habe ich mich in meinen letzten Wochen in Deutschland gefühlt. Probiert, jede Sekunde, die so unendlich kostbar war, aufzusaugen. Mit „meinen“ Kindern, den Eltern aus dem Kindergarten, meiner Familie, all meinen Freunden. Und doch war es anders weil ich einfach wusste, dass ich nach 9 Monaten wieder kommen werde und ich dank WhatsApp und Skype immer im Kontakt bleiben kann. Doch wenn ich an meinen Abschied in Jinja denke, fühlt es sich anders an. Schmerzhafter. Größer. Für einen längeren Zeitraum. Und schon jetzt ist es bei Grace, Rose und mir ein Thema, dass sehr viel Raum einnimmt. Denn wir haben uns gerade auf so einer tollen Ebene gefunden, die mir wirklich viel bedeutet. Und meine Zeit in Jinja hat mich einigen Menschen in Göttingen so viel Näher gebracht. So habe ich beispielsweis zu meiner Tante Isabella einen so tollen Kontakt, wie wir ihn lange nicht hatten. Obwohl wir so dicht beieinander Leben. Es ist so schön, denn endlich haben wir das Gefühl, dass wir uns kennen. Wirklich kennen, was uns bewegt und wie es uns geht. Wir haben so viel Teil am Leben des anderen. Das ist so wertvoll und ich bin wirklich Dankbar dafür!

Doch ich schweife ab. Also…verlängern ja oder nein? Ihr könnt mir glauben, diese Frage hat mir wirklich Schlaflose Nächte bereitet. Diese Frage hing Wochenlang über mir und egal mit wem ich in Deutschland im Kontakt war, ich habe probiert, einen riesen Bogen um das Thema zu machen. Denn ich wusste, dass alle darauf warten. Auf diese Entscheidung. Denn schon bevor ich geflogen bin war das ein wirklich großes Thema und ich brauche nicht zu verheimlichen, dass ich schon damals gesagt habe, dass ich es mir wirklich vorstellen kann. Länger hier zu bleiben als 1-2 Jahre. Das ich mir wünsche, dass sich hier eine Stelle für mich ergibt. Und ich weiß, dass ich mit diesem Wunsch auch viele Menschen verletzt habe. Aus diesem Grund konnte ich es nicht aushalten mit irgendwem darüber zu sprechen. Ich habe probiert, für mich alleine die richtige Antwort zu finden was wirklich nicht einfach war. Denn viele hier vor Ort haben mit einem „Bitte bleib hier“ immer wieder nachgefragt. Gracie zum Beispiel kam zu mir und meinte „Esther und Isiah werden dich so sehr vermissen. Und wir auch Mina Mina. Niemand wird sich mit so viel Liebe und die beiden kümmern können wie du. Du hast es tief in deinem Herzen“. Wieder ist mein Herz ein Stück mehr angeknackst. Wieder bin ich mehr verunsichert. Ich weiß, dass ich die Welt nicht retten kann. Und doch kann ich doch noch etwas mehr, was in mir steckt weiter geben, oder? Doch was ist mit meiner Stelle in Deutschland? Mit meinen Freunden und meiner Familie und meinem Posaunenchor? Ich vermisse sie alle. Natürlich, wäre ja auch schräg wenn nicht. Außerdem hatte ich doch auch neue Lebenspläne, wenn ich zurück bin. Ein Studium anfangen, gucken, was das Leben noch so für mich bereit hält. Glaubt mir, ich war so hin und her gerissen! Jedes bisschen, was ich in Deutschland gehört habe und was ich im Ewaka gehört habe, hat mich wieder erneut ins schwanken gebracht. Ich habe Ziele in Deutschland und ich habe Ziele im Ewaka. Was überwiegt mehr? Auf was höre ich? Fragen über Fragen über Fragen.

Letztendlich hat mir mein Studium, welches bevorsteht, Klarheit gebracht. Ich werde zurück nach Deutschland gehen. Von vorne anfangen. Ich werde soziale Arbeit studieren und die Bachelorarbeit an Jinja anknüpfen. Ewaka ist nicht aus der Welt und ich bin jetzt ein Teil davon. Ich werde immer zurück kehren können und dafür bin ich unendlich Dankbar. Ich meine…wer weiß was das Leben noch alles für mich bereit hält! 😊

Und so schwer diese Entscheidung auch war, so froh bin ich auch, dass ich sie endlich getroffen habe. Ich freue mich auf Deutschland und noch mehr freue ich mich, zurück nach Jinja zu kommen.

 

Ja, auch bei Ewaka ist viel passiert. Ingo unsere (weibliche) Kuh war schwanger. Ich habe wirklich sehr auf die Entbindung hingefiebert denn ich wollte unbedingt dabei sein! Ich wollte so gerne sehen, wie eine Kuh geboren wird. Und so war es eines Tages endlich soweit. Rose kam ganz aufgeregt zu mir „Mina!! Ingo! The Baby is coming!!“ und weg war sie. Ich habe mir schnell Isiah geschnappt und schon bin ich hinter Rose hergerannt. Denn Ingo war an diesem Tag beim Baumhaus zum grasen und das ist ein bisschen vom Haupthaus entfernt. Als wir angekommen sind, war ich im ersten Moment ein bisschen enttäuscht denn das Kälbchen war schon da. Noch ganz nass und wackelig auf den Beinen. Also habe ich es ganz knapp verpasst. Naja, nicht so schlimm denn es war trotzem sooo schön zu sehen. Ich hatte Isiah hinten auf dem Rücken und bin um Ingo rum, um mir das Kälbchen besser angucken zu können. Hinterher ist man ja immer etwas schlauer und ich hatte mir in dem Moment wirklich nichts dabei gedacht. Ich bin also an Ingo vorbei, habe mit ihr gesprochen und wollte sie streicheln, da sie mir mit dem Gesicht sehr nahe war. „Mina, go away!!“, hat Rose mir ziemlich panisch zugerufen. Denn Ingo wollte mich gerade angreifen. Ich hatte nicht darüber Nachgedacht, dass sie sich angegriffen fühlen könnte und ihr junges Beschützt. Da habe ich wieder etwas dazu gelernt und werde in Zukunft vorsichtiger sein. Ingo und das Kälbchen nach vorne zum Haupthaus zu bringen war ganz schön aufregend für uns alle doch letztendlich haben wir es geschafft.

Gemeinsam mit den Ewaka Kindern habe ich eine Konferenz abhgehalten und wir haben nach einem Namen für das Kälbchen gesucht. Die Kinder haben es „Tina“ getauft.

Bei der Ziege war es ähnlich. Auch sie war schwanger und wir haben täglich darauf gewartet, dass die Babys kommen. Wieder war ich ein paar Minuten zu spät. Als ich bei der Ziege angekommen bin, waren die zwei Babys schon da. Ganz frisch. Doch dann ist eine große Überraschung passiert. Es kam noch ein drittes Baby dazu und ich war bei der Geburt dabei. Es war unglaublich spannend die Geburt zu sehen!

In Letzter Zeit genieße ich es sehr bei den Mamas in der Küche zu sitzen und zu helfen. So habe ich letztens geholfen die Bohnen zu sortieren Ganz nach dem Motto „die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen“. Und obwohl ich keine Lusoga/Luganda verstehe, war es so spannend mit dabei sein zu dürfen. Ich habe mitgelacht und mittlerweile haben wir unsere kleinen Insider. Mir wurde auch gezeigt, wie eine große Menge Reis gekocht wird und Grace hat mir beigebracht „Chapati“ zu machen. Nun beherrsche ich auch das, worüber ich wirklich sehr glücklich bin. Es ist gar nicht so schwer wie ich dachte und es hat wirklich Spaß gemacht. Ich glaube, Grace hat sich auch gefreut, mir etwas zeigen zu können.

Wie ihr ja alle wisst, was am 10.03.2020 der Weltfrauentag. Linus und ich wollten gerne die Mamas unterstützen und das essen zubereiten. Gesagt, getan. Morgens um 8 Uhr ging es los. Erst sollte das Frühstück gemacht werden, damit die Kinder um 9 Uhr in die Kirche gehen konnten. Danach sollten wir das Mittagessen zubereiten. Reis, Matoke, Erdnusssoße (unglaublich lecker), Fleisch und Gemüse. Leider ging es mir die Tage vorher schon nicht ganz so gut, doch ich habe mir nichts dabei gedacht. Naja und so kam es dass ich am Sonntagmorgen in der Küche stand und mein Zustand immer schlechter wurde. Irgendwann habe ich mich auf dem Boden wiedergefunden und Linus mit Asyda vor mir. Ich bin einfach umgekippt. Als es mir wieder besser ging bin ich nach Hause und später ins Krankenhaus um mich einmal durchchecken zu lassen. Ein Glück war es recht leer und ich hatte schnell ein Ergebnis: Malaria. Natürlich hab ich mich erstmal total erschrocken. Doch es war alles halb so wild. Ich habe Medikamente bekommen und durfte sogar nach Hause. Im großen und ganzen lässt sich Malaria mit einer Grippe vergleichen, finde ich. Die Ärztliche Versorgung ist wirklich gut und so habe ich mir überhaupt keine Sorgen gemacht und konnte meinen Eltern die Sorgen auch ziemlich gut nehmen. Auch wenn es für meinen Körper wirklich hart war, ist alles gut verlaufen und mir geht es wieder gut. Am meisten hat mich an der ganzen Sache geärgert, dass ich dadurch die Kochaktion verpasst habe. Doch das hole ich einfach nochmal nach. Ich muss doch wissen, wie ich Matoke und die Erdnusssoße machen kann. Meine Eltern freuen sich schon, dass ich dann einen Abend Ugandisches Essen koche 😊

 

 

 


Und plötzlich ist er da, der Abschied

Und plötzlich ist er da, der Abschied. Abschied von meinem zu Hause, den Kindern, den Mamas, von meinem Leben in Jinja. Ich hätte nie gedacht, dass es so schmerzhaft wird. Natürlich wusste ich, dass er kommt. Nur nicht, dass es so plötzlich und schnell sein wird. Schnell…schnell ist so relativ. Ich hatte 5 Tage Zeit mich zu verabschieden. Doch diese Tage sind einfach so dahingeflogen. Und so kam er, der Freitag, an dem sich die anderen (Lena, Linus und Robin) verabschiedet haben. Ich war so froh, dass ich mich noch nicht verabschieden musste.

Morgens haben wir noch eine Bootstour auf dem Nil gemacht, was unglaublich schön und beruhigend war. Wir haben viel gesehen und ich konnte auch etwas an meine Oma denken, die an diesem Tag auch Geburtstag gehabt hätte. Wir haben so viel gesehen und dieser Moment war einfach einzigartig perfekt.

Bei Ewaka haben wir dann Geburtstag/Abschied gefeiert.

Samstag sind Hannes und ich schon früh zu Ewaka und haben die Zeit nochmal richtig genossen. Und einen unglaublich schönen und emotionalen Herzmoment hatte ich auch noch dazu. Wenn ich über meine Zeit hier nachdenke, war das wirklich der schönste Moment für mich. Joel hat mich in sein Zimmer gebeten und stand sehr aufgeregt vor mir. Grace, seine Mama, war mit dabei und hat mir erklärt, was er möchte. Denn Joel hatte schon Tränen in den Augen und konnte nicht mehr sprechen. Er wollte mir unbedingt seine Kette schenken. Sie soll mich beschützen und er hofft, dass ich dadurch immer an ihn denke. Ihm war das wirklich sehr, sehr wichtig. Ich kann das Gefühl nicht beschreiben, welches ich in diesem Moment hatte. Auf der einen Seite ist mein Herz vor Glück und Liebe angeschwollen und auf der anderen Seite ist es in 1.000 Stücke gebrochen. Denn das brachte uns einen Schritt näher zum Abschied. Wir lagen uns weinend in der Armen und ich wünschte, ich könnte ihm diesen Abschiedsschmerz nehmen.  Leider habe ich dazu nicht die Macht und so mussten wir beide durch diesen Schmerz und diese Zeit.

Nicht nur wir beide. Die gesamte Ewaka Familie. Ich hatte wirklich noch nie in meinem Leben einen so schweren Abschied. Denn dieses Mal war es auf ungewisse Zeit. Ich weiß, dass ich wieder nach Uganda reisen werde doch ich weiß einfach nicht wann. Und meine Arbeit war so viel Intensiver als meine Arbeit in Deutschland. Auch jetzt, wenn ich darüber schreibe merke ich, wie schwer mir das Herz wird und wie es mich erdrückt.

Abends sind Hannes und ich mit Grace, Rose, Evas und Azidah nochmal ins Camp gegangen und haben den Abend zusammen verbracht und viel gelacht und unsere Zeit nochmal Revue passieren lassen. Es war wirklich ein schöner Abend.

Sonntag haben wir uns mit unserem Gepäck nach Kampala aufgemacht. Wir, Hannes und ich, wohnen bei Jonas mit im Haus. Wir leben hier gemeinsam mit Rosa und Niko aus Bukoba, Alia aus Deutschland und Martha, Godfrey, Isaac und Mariam. Es ist wirklich eine tolle WG und ich bin unendlich dankbar dafür. Hier ist Corona kein allzu großes Thema und wenn mal wieder ein Flug abgesagt wird, helfen sie uns, nicht zu verzweifeln. Martha kocht oft für uns alle zusammen. Dadurch lernen wir nochmal neues lokales Essen kennen. Auch komme ich hier nochmal ganz anders in das Englische rein, da wir uns viel auf Englisch unterhalten, damit alle mitsprechen können. Und so passiert ist, was ich immer vermeiden wollte. Ich schreibe Leuten aus Deutschland auf Englisch zurück (Sorry Britta :D ). Naja, gibt bestimmt schlimmeres.

Martha hat letztens gesagt „Wir sind wie eine große Familie“. Und was soll ich sagen? Sie hat recht. Ich bekomme immer mehr das Gefühl, dass ich hier zu Hause bin und es erleichtert die Situation wirklich sehr.

Ja… die Situation. Der neueste Stand ist, dass es keinen neuen Stand gibt. Es ist schwer, einen Flug zu finden. Der ASC tut wirklich viel für uns und arbeitet Tag und Nacht an einer Lösung. Doch das alles gestaltet sich gar nicht so einfach. Ich denke, wir machen gemeinsam das beste aus der Situation und sind einfach füreinander da. Uns geht es nach wie vor gut. Wir haben ein Dach über dem Kopf, können uns Essen leisten und brauchen uns keine Sorgen machen. Natürlich zehrt das alles sehr an den Nerven. Doch wenn ich auf Uganda schaue, geht es so vielen Menschen schlechter. Durch die Maßnahmen die getroffen werden, können viele Menschen nicht mehr ihrer Arbeit nachkommen. Menschen, die am Existenzminimum leben, haben noch mehr Sorgen. Natürlich nicht alle, doch viele Menschen treffen die Maßnahmen sehr hart.

Doch es lässt sich nicht darüber diskutieren, dass es gut ist, dass diese Maßnahmen so schnell umgesetzt werden (keine Bodas, keine Taxis, Schulschließungen, etc.), um die Bevölkerung zu schützen und die Ausbreitung bestmöglich gering zu halten.

Und so merke ich immer mehr, dass ich sehr sensibel bei dem Thema bin. Ja, in Deutschland ist es gerade nicht einfach. Auch in Deutschland werden Geschäfte geschlossen und Menschen wissen nicht, wie sie über die Runden kommen sollen.

Doch in Uganda hat all das für viele nochmal ganz andere Auswirkungen. Schlimmere Auswirkungen. Vielleicht können wir alle das nächste mal daran denken, bevor wir uns beschweren, dass wieder das Toilettenpapier oder der Käse leer ist.

 

 


Sekundenglück

Vor 195 Tagen bin ich aufgebrochen ins ungewisse. Ich wusste nicht, wie es wird. Ich wusste nicht, wann genau es zurück geht. Ich kannte nicht den Weg und hatte keine Karte.

Ich bin einfach ins kalte Wasser gesprungen und habe festgestellt, dass das Wasser gar nicht so kalt ist. Hatte keinen Kompass, nur eine Idee.

Aber ich hatte Träume als Antrieb, Wünsche als Wegweiser und bin einfach meinem Herzen gefolgt.

Ich habe mir das leuchten nicht nehmen lassen, nur weil es andere geblendet hat.

Jetzt bin ich vor 6 Wochen in meine „alte Heimat“ zurückgekehrt.

Ich fühle Atemnot, Herzschmerz, fühle mich meiner Freiheit beraubt, kann es kaum in Worte fassen und doch sehe ich die Notwendigkeit.

Und so unterbreche ich meine Reise, meine Träume.

Weil ich weiß, dass es besser ist.

So sitze ich hier, gucke mir all die Bilder und Videos an, die ich in meinen 5 Monaten in Uganda gemacht habe. Immer mit einem Lied im Kopf. Ich weiß nicht, wie oft ich die Tränen zurückhalten musste. Denn die letzten fünf Monate stecken voller Sekundenglück für mich.

Sekundenglück.

Kennt ihr das Lied „Sekundenglück“ von Herbert Grönemeyer? Es ist so schön, so wahr, so treffend.

Sekundenglück ist so ein großes Wort. Ein Wort, dass mich seit meiner Ankunft in Deutschland begleitet.

 

„Der Tag ist alles außer gewöhnlich
Und leider gibt's auch kein Problem
Ich sehe mir heute verdammt ähnlich
Und irgendwie finde ich das auch schön

 

Es hat genau die richtige Kühle
Aus einem Guss und bewundernswert
Es ist die Stille der Gefühle
Ein lauer Sommer, der durch mich fährt
Ein lauer Sommer, der durch mich fährt

 

Und du denkst, dein Herz schwappt dir über
Fühlst dich vom Sentiment überschwemmt
Es sind die einzigartigen Tausendstel-Momente
Das ist, was man Sekundenglück nennt“

 

Natürlich hatte ich auch mal nicht ganz so gute Tage in Jinja. Ich war müde, konnte durch den Regen nicht schlafen, habe mich über den ganzen Schlamm unter meinen Füßen nach einem großen Regenschauer aufgeregt oder auch über all die Mückenstiche die bei mir Faustgroß angeschwollen sind. Doch wenn ich jetzt an meine Zeit zurückdenke, dann sehe ich nur das positive. Wie ich mich verändert habe. Wie sich die Beziehung zu der Ewaka Familie verändert hat und auch zu den Menschen aus der Umgebung. Ich habe Freundschaften geschlossen, ich habe meine Ansichten überdacht und ich habe viel über mich gelernt.

Ich kann es nicht beschreiben doch mein Leben in Jinja war leicht. Es war schön, es war voller lachen, tanzen und Musik, es war glücklicher. Ja…das klingt hart doch ist es so. Ich war glücklicher. Woran ich das ausmache? Keine Ahnung! Es ist ein Gefühl, was ich tief in mir habe und ich weiß, dass es wahr ist. Wenn ich mir Bilder von mir angucke, die in Uganda gemacht wurden, erkenne ich mich manchmal gar nicht wieder. Das Lächeln, das leuchten in den Augen…als wäre das gar nicht ich. Und doch bin es mehr ich als ich es auf den Bildern bin, die ich aus Deutschland habe.

Es ist seltsam wieder hier zu sein. Es ist so richtig und doch so falsch. Es ist, als wäre ich nur zwei Wochen im Urlaub gewesen. Das merke ich immer wieder daran, wenn ich Freunde sehe oder wenn ich Kontakt mit den Kolleg*innen aus meinem Kindergarten habe. Einfach zwei Wochen Urlaub. Und doch ist es auch so unglaublich falsch. Es war noch nicht die richtige Zeit zurück zu kommen. Als gehörte ich noch nicht wieder richtig hierher. Ich hatte mich wirklich auf das zurück kommen gefreut. Darüber zu erzählen, was ich alles erlebt habe. Bilder zu zeigen. Neu gewonnene Sachen mit in den Kindergarten mit einzubringen. Doch wenn ich mich jetzt mit jemandem Unterhalte, dann dreht sich alles um Corona und um meine letzten zwei Wochen in Uganda. Mit der Vermutung, dass das alles unglaublich schrecklich gewesen sein muss. Doch das war es nicht! Ja, es war nicht schön und ich hätte mir meinen Abschluss in Uganda auch anders gewünscht. Aber diese zwei Wochen überwiegen nun wirklich nicht die fünf Monate, die einfach unglaublich waren! 

Letztens wurde ich gefragt, ob ich nicht froh bin wieder hier zu sein und ob es mir leichtfällt, Bilder aus Jinja anzugucken. Die Antwort kommt mir immer schneller über die Lippen, als das ich darüber nachdenken kann, ob mein Gegenüber nun eine ehrliche Antwort möchte oder nicht. Nein! Nein, ich bin nicht froh wieder hier zu sein. Nein, ich kann mir die Bilder nicht so leicht angucken. Ich muss mich zusammen reißen nicht in Tränen auszubrechen und mich wie ein kleines Kind auf den Boden zu werfen und zu rufen „Das Leben ist so ungerecht“. Es ist alles andere als leicht für mich. Es war mein Traum und meine Chance. Das so abbrechen zu müssen ist einfach nur unendlich blöd! Versteht mich bitte nicht falsch! Ich bin wirklich froh wieder in Deutschland zu sein bei allem, was gerade so los ist. Mit unserem Gesundheitssystem. Und doch ist es Schmerzhaft. Ich weiß, dass auch das mit der Zeit vergehen wird.

Hinterlegt mit dem Lied von Herbert Grönemeyer habe ich ein Video zusammengeschnitten. Aus den kurzen Sequenzen, ich über die Zeit verteilt gefilmt habe. Was soll ich sagen? Es ist toll geworden und irgendwie auch emotional. Es ist mein größter Besitz, da es einfach alles über meine Zeit bei den Kindern aussagt. Ich liebe dieses Video und ja…einige habe ich damit auch schon zum weinen gebracht.

In Jinja durfte ich viel Sekundenglück erfahren, viele Herzmomente. In den verschiedensten Situationen. Und das wird mir einfach immer im Herzen bleiben. All die Male, wenn mir die Kinder freudestrahlend in die Arme gesprungen sind. Wenn Isiah mich mit einem riesigen Grinsen im Gesicht angeschaut hat, wenn er etwas neues ganz alleine geschafft hat. Als er „Mina“ sagen konnte und alles und jeder einfach nur noch „Mina“ war. Du meine Güte, er war so stolz darauf! Als Kato meine Hand einfach nicht mehr loslassen wollte da er nicht wollte, dass ich gehe. Die Beziehung zu so vielen Kindern, die sich über die Zeit aufgebaut hat. All die Momente, die ich mit Grace und den anderen Mamas verbringen durfte. Viola und Joel, die Stundenlang einfach so neben mir saßen. Josie, die immer wieder neue Englische Wörter ins Leben gerufen hat, die mittlerweile unsere Insidergespräche füllen. Die Kinder, die „Mina“ gerufen haben, wenn sie aus der Schule gekommen sind. Die Menschen auf meinem Weg zur Arbeit, die immer ein lächeln und ein nettes Wort für mich hatten. Die Umarmung einer Oma von Nachbarschaftskindern. Jedes Mal, wenn ich an dem Haus vorbei bin, haben wir uns einfach lachend in den Armen gelegen, da wir uns nicht anders verständigen konnte. Gracies liebevolles „Mina Mina“. Unsere Stunden auf dem Baumhaus. Das schwimmen im Nil, wenigstens einmal konnte ich dabei sein, bevor ein Krokodil bei uns im Nil gewohnt hat. Die Abende im Camp mit Sonnenuntergang. Die Musik, die gefühlt immer und überall lief. Meine Uganda Familie. Das Glühwürmchen Feld, nach wie vor voller Magie.  

Ich könnte noch so viele Momente aufzählen. Doch ich denke, ich werde ein paar Dinge einfach als meinen Schatz bei mir lassen.

Ja, die letzten Monate waren einfach nur wundervoll, bereichernd, voll mit Liebe und Glück und nicht mehr aus meinem Leben wegzudenken. Ich bin froh, dass ich mich damals so entschieden habe und diesen Schritt gegangen bin. Ich würde es jederzeit wieder tun!

Ich möchte mich abschließend nochmal bei allen bedanken! Bei all den Menschen, die mich durch Spenden Unterstützt haben! Danke dafür! Dank euch konnte ich einige Projekte bei Ewaka umsetzen wenn auch nicht alle.

Bei all den Menschen, die mich auf diesem Weg begleitet haben. Danke! Dank euch war ich mutig genug und habe mich getraut diesen Weg zu gehen. Danke, dass ihr immer zu mir gehalten habt und dass ihr mir das zurückkommen so einfach gemacht habt!

Danke an meine Herzensmenschen!! Ihr seid unglaublich und ich werde euch das nie vergessen. Danke für eure Worte, euren Zuspruch und euren Mut, so sehr hinter mir zu stehen. Immer da zu sein, wenn es nötig war und auch da zu sein, wenn ich dachte, ich brauchte keine Hilfe. Danke!

 

„Manchmal gehört man nicht an den Ort, an dem man aufgewachsen ist sondern dahin, wohin das Herz einen führt.“

 

 

Danke an alle, die mich in dieser Zeit begleitet haben. Ich hoffe, dass ich euch mit diesem Blog einen guten Einblick in mein Leben in Jinja geben konnte.